Examen des objections faites par M.Hirn à la theorie cinétique des gaz. (Q1541191): Difference between revisions

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English
Examen des objections faites par M.Hirn à la theorie cinétique des gaz.
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    Examen des objections faites par M.Hirn à la theorie cinétique des gaz. (English)
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    1886
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    Die Versuche des Herrn Hirn sind in zwei Aufsätzen beschrieben, die in den Bänden XLIII und XLIV der Belg. Mém. veröffentlicht wurden. Diese Versuche sind gut erdacht und wahrscheinlich sehr gut angestellt, aber die von ihm aus denselben gezogenen Schlüsse sind nicht streng, wie man dies nachweisen kann. Unter diesen Schlüssen ist besonders der auf den Stoss der Gase bezügliche in präciser Weise ausgedrückt worden. Aus einem Gasometer mit comprimirter Luft liess Herr Hirn einen Luftstrom durch eine Röhrenleitung entweichen, die am Ende rechtwinklig nach unten gebogen und an diesem Ende mit einer Ausströmungsvorrichtung versehen war. In geringer Entfernung von dieser Vorrichtung befand sich auf einer der Schalen einer Wage eine horizontale Kreisplatte, die den Stoss des verticalen Luftstromes erhielt. Um dem auf die Platte ausgeübten Drucke das Gleichgewicht zu halten, wurde die zweite Wageschale mit Gewichten belastet, welche die Grösse des ausgeübten Druckes massen. Herr Hirn hat festgestellt, dass dieser Druck derselbe blieb, wenn die Luft die gewöhnliche Temperatur hatte, und wenn sie auf die Temperatur von \(200^{\circ}\) gebracht war. Er hält dieses Ergebnis für einen Widerspruch gegen die kinetische Gastheorie. Aber es lassen sich gegen die Schlussfolgerungen, auf welche er diese Ansicht stützt, gewichtige Einwände erheben. Erstens macht er von vereinfachenden Hypothesen einen so ausgedehnten Gebrauch, dass die Erkenntnis schwer wird, ob diese Schlussfolgerungen irgend welche Kraft besitzen. So ersetzt er die allseitigen Bewegungen, die man für die Gasmolekeln in der kinetischen Gastheorie annimmt, durch Bewegungen dieser Molekeln, die nach drei zu einander senkrechten Richtungen völlig unabhängig stattfinden. Diese Bewegungen sollen bis zum Zusammentreffen mit einer festen Wand bestehen bleiben. (In der kinetischen Theorie nimmt man im Gegenteil an, dass zwischen den Molekeln sehr häufig exentrische Stösse stattfinden.) Zweitens aber, selbst wenn man diese Hypothese von den drei in rechtwinkligen Richtungen erfolgenden Bewegungen zugiebt, enthalten die Rechnungen des Herrn Hirn einen Fehler. Wenn ein Bruchteil \(\alpha\) von der Gesamtzahl der Molekeln sich in einer zur Platte senkrechten Richtung bewegt, so nimmt Herr Hirn an, ihre eigene Geschwindigkeit \(U\) vermehre immer die Ausflussgeschwindigkeit \(V\), so dass ihr Druck auf die Platte zu \(\alpha=(U+V)^2\) proportional sei. Derjenige der anderen Molekeln sei proportional zu \((1-\alpha)V^2\). Nach ihm sei also der Gesamtdruck auf der einen Seite der Platte proportional zu \[ \alpha( U+V )^2+( 1-\alpha )V^2=\alpha U^2+2\alpha UV+V^2; \] der Druck der ruhenden Luft auf der anderen Seite der Platte proportional zu \(\alpha U^2\). Die Differenz \(2\alpha UV+V^2\) sei also eine Grösse proportional zum wirklichen, von der Ausströmung des Gases auf die Platte der Wage herrührenden Drucke. Da nun das Glied \(2\alpha UV\) von der Temperatur abhänge, so müsse (nach dieser von Herrn Hirn gedeuteten Gastheorie) der Druck darum verschieden sein, wenn man bei \(200^{\circ}\) oder bei gewöhnlicher Temperatur experimentire, was den Thatsachen widerspreche. Aber diese Art zu rechnen ist fehlerhaft. Augenscheinlich muss man annehmen, dass \(\frac 12\, \alpha\) von den Molekeln mit einer Geschwindigkeit \(V+U\) und \(\frac 12\, \alpha\) mit einer Geschwindigkeit \(V-U\) die Platte treffen. Demnach findet man als eine zum Drucke proportionale Grösse: \[ \tfrac 12 \alpha[(V+U)^2+( V-U )^2+( 1-\alpha )V^2-\alpha U^2=V^2, \] also unabhängig von \(U\) und der Temperatur. Die Versuche des Herrn Hirn bestätigen somit die kinetische Gastheorie, wenn seine vereinfachende Annahme von den drei Gruppen unabhängiger Bewegungen der Molekeln zulässig ist. Die gegen die kinetische Theorie von der Einwirkung ruhender Luft auf einen bewegten Körper hergeleiteten Einwände sind von derselben Art wie der vorige und enthalten in ihrer Entwickelung dasselbe Versehen der Schlussfolge. Ein anderer Einwand des Herrn Hirn besteht darin, dass nach der kinetischen Theorie die Molecularbewegungen der Gase in der Luft bei der von Herrn Hirn in dem einen seiner Versuche betrachteten Temperatur nur eine mittlere Geschwindigkeit von etwa 500 Metern haben können. Nun erschliesst er aber aus diesem Versuche eine Ausflussgeschwindigkeit von mehr als 4000 Metern, was ein ``argument mortel contre la théorie cinétique telle qu'elle a été établie jusqu'ici'' sein soll. Dem ist jedoch nicht so. Die Geschwindigkeit von 4000 Metern ist keine beobachtete, sondern aus gewissen Formeln gefolgert, die in dem Falle der von Herrn Hirn herbeigezogenen Versuche offenbar nicht anwendbar sind. Auch dieser Einwurf ist folglich gegenstandslos. Zum Schlusse macht Herr Clausius folgende Bemerkung bezüglich der rein kinematischen Theorie des Weltalls: ``Nie habe ich in meinen Arbeiten über die kinetische Gastheorie die Ansicht vertreten, dass alle Kräfte durch Bewegungen erklärt werden können; im Gegenteil, ich habe einen Satz aufgestellt, der das Entgegengesetzte beweist, ich meine den Satz vom Virial. Dieser Satz sagt aus, dass jede stationäre Bewegung zu ihrem Bestande gewisser Kräfte bedarf, die ihr dynamisch das Gleichgewicht halten, und er drückt die Bedingung dieses dynamischen Gleichgewichtes durch eine Gleichung aus, deren eine Seite die lebendige Kraft der Bewegung ist, während die andere durch einen Ausdruck gebildet wird, der sich aus den Coordinaten der bewegten Massen und aus Componenten von Kräften zusammensetzt. Diese Gleichung gestattet den sicheren Schluss, dass ohne anziehende Kräfte kein stabiler Zustand in der Natur möglich wäre''. (Man vergleiche die erschöpfende Darstellung der Einwürfe des Herrn Hirn gegen die kinetische Theorie und der dagegen zu machenden Erwiderungen von J. Delsaux in der Revue des questions scientifiques de Bruxelles, juillet 1887, p. 270-292).
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