Specielle Fälle von Gleichgewichserscheinungen eines aus mehreren Phasen zusammengesetzten Systems. (Q1534383)

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Specielle Fälle von Gleichgewichserscheinungen eines aus mehreren Phasen zusammengesetzten Systems.
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    Specielle Fälle von Gleichgewichserscheinungen eines aus mehreren Phasen zusammengesetzten Systems. (English)
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    1890
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    Verf. betrachtet ein System von Körpern, die in verschiedener Weise aus einer bestimmten Zahl von chemischen Componenten zusammengesetzt sind, und die sich gleichzeitig in verschiedenen Aggregatzuständen befinden. Jeden Teil des Systems, der physikalisch und chemisch homogen ist, bezeichnet er nach Gibbs als eine Phase desselben. Es bedeuten \(\varepsilon\) die gesamte Energie des Systems, \(\eta\) die gesamte Entropie, \(v\) das Gesamtvolumen, \(m_1', m_2',\dots ,m_1^{\prime\prime}, m_2^{\prime\prime}, \dots\) die Massen der in der ersten, zweiten, ... Phase vorhandenen chemischen Componenten. Nach dem Princip von der Vermehrung der Entropie ist das System im neutralen Gleichgewicht, wenn \[ D\varepsilon -Td\eta +pdv=0. \] Setzt man die Aenderung der Energie \(D\varepsilon =\delta \varepsilon +d\varepsilon\), wo \(\delta \varepsilon\) der durch eine Aenderung von \(\eta\) und \(v\), \(d\varepsilon\) der durch Aenderung der Massen bewirkte Anteil der Gesamtveränderung ist, so wird \[ \delta \varepsilon =Td\eta -pdv, \] also \[ d\varepsilon =\mu_1' dm_1'+\mu_2' dm_2'+\cdots +\mu_1^{\prime\prime} dm_1^{\prime\prime}+\mu_2^{\prime\prime} dm_2^{\prime\prime}+\cdots +\cdots =0. \] Die Factoren \(\mu\) sind die partiellen Differentialquotienten der Energie nach den Massen und heissen nach Gibbs die Potentiale der chemischen Componenten. Wenn die Bedingung des Gleichgewichts nicht erfüllt ist, so verläuft der Process stets so, dass \[ \varSigma \mu' dm'+\varSigma \mu'' dm''+\cdots <0. \] Im Gleichgewichtszustande müssen die Potentiale der einzelnen chemischen Componenten, deren Zahl \(k\) sei, in sämtlichen \(i\) Phasen je einen bestimmten constanten Wert besitzen: \[ \mu_1' =\mu_1^{\prime\prime} =\mu_1^{\prime\prime\prime} =\cdots =\mu^i_1; \quad \mu_2' =\mu_2^{\prime\prime} =\mu_2^{\prime\prime\prime} =\cdots =\mu^i_2; \quad \cdots \] \[ \mu_k' =\mu_k^{\prime\prime} =\mu_k^{\prime\prime\prime} =\cdots =\mu^i_k. \] Dies sind \(k(i-1)\) Gleichungen, zu denen \(i\) Zustandsgleichungen kommen von der Form \[ p=f'\left( T,\frac {m_1'} {v'}, \frac {m_2'} {v'}, \cdots \right) =f''\left( T, \frac {m_1^{\prime\prime}} {v''}, \frac {m_2^{\prime\prime}} {v''}, \cdots \right) \] \[ \cdots =f^i\left(T, \frac {m^i_1} {v^i}, \frac {m^i_2} {v^i}, \cdots \right) \cdot \] Es sind aber \(ik+2\) Unbekannte vorhanden: \(p,T\) und die Dichtigkeiten \(\frac mv\); den Bedingungen des Gleichgewichts wird also genügt, wenn \(k(i-1)+i=ik+2\), d. h. wenn \(i=k+2\). ``Ist die Zahl der chemischen Componenten gleich \(k\), so existirt ein bestimmtes System vom zusammengehörigen Werten des Druckes, der Temperatur, der Dichtigkeiten \(\frac mv\), bei welchem \(k+2\) verschiedenen Phasen sich im Gleichgewichte befinden. Coexistenz einer grösseren Phasenzahl ist nicht möglich, da sonst die Zahl der Gleichungen die der Unbekannten übertreffen würde. Ist die Zahl der coexistirenden Phasen kleiner als \(k+2\), so bleibt eine entsprechende Zahl von Variabeln unbestimmt.'' Benutzt man nun ein rechtwinkliges Coordinatensystem mit den Axen \(p\) und \(T\), so wird durch die bestimmten Werte des Drucks und der Temperatur ein Punkt \(A\) der Coordinatenebene bezeichnet, der als ein Bild für den Zustand des Systems während der Coexistenz jener \(k+2\) Phasen betrachtet werden kann. Lässt man aber aus der Zahl der in \(A\) coexistirenden Phasen der Reihe nach je eine weg, so erhält man \(k+2\) Curven in der Coordinatenebene, die sich im Punkte \(A\) schneiden müssen. Werden diese Curven mit \(c',c'',\dots,c^{k+2}\) bezeichnet, und zwar mit \(c^h\) diejenige, längs welcher die Phase \(h\) fehlt, so ergiebt sich weiter: Zwischen den Richtungstangenten \(\left( \frac {dp} {dT}\right)', \;\left( \frac {dp} {dT}\right)'', \cdots, \left(\frac {dp} {dT}\right)^{k+2},\) welche die Curven \(c',c'',\dots,c^{k+2}\) in ihrem gemeinsamen Ausgangspunkte \(A\) besitzen, bestehen \(k+2\) Gleichungen, die ausdrücken, dass je eine \((k+2)\)-gliedrige Determinante Null wird. Trägt man in jedem Punkte der Curve \(c'\) senkrecht zur Ebenen der \(p,T\) den zugehörigen Wert von \(\mu_1'\) auf, so entsteht eine Raumcurve \(A'\), die die Beziehung der drei Grössen \(p,T,\mu_1'\) darstellt. Die Curve \(A'\) bildet die gemeinsame Schnittlinie der \((k+1)\) Flächen \(f^{12},f^{13},\dots, f^{1,k+2}\), längs welcher je \(k\) Phasen im Gleichgewichte sind, aus deren Zahl die Phase 1 ein für allemal ausgeschlossen ist. Solcher Raumcurven sind im ganzen \(k+2\) vorhanden, in jeder von ihnen schneiden sich \(k+1\) Flächen; es existiren also \(\frac12 (k+1)(k+2)\) Flächen, auf denen je \(k\) Phasen mit einander im Gleichgewichte sind. Legt man nun durch einen Punkt \(B\) auf einer der Raumcurven, etwa \(A'\), eine Ebene parallel zur Coordinatenebene, so werden die \(k+1\) von \(A'\) ausstrahlenden Flächen in \(k+1\) Curven \(d^1\) geschnitten, und auf diesen Curven sind je \(k\) Phasen im Gleichgewicht; die Phase 1 fehlt auf allen, und alle Veränderungen des Systems sind der Bedingung unterworfen, dass das Potential der ersten chemischen Componente denselben Wert behält. Die Curven \(d\) besitzen also alle Eigenschaften der Curven \(c\), was die Neigung der Curven in ihrem Ausgangspunkte gegen die Axen der \(p\) und \(T\) betrifft. Die Fortsetzung dieser Betrachtungen führt zu dem Satze: ``Ein System von \(i\) Phasen, in welchem die Potentiale von \(k+2-i\) chemischen Componenten festgehalten werden, besitzt dieselben Eigenschaften wie ein System von \(k+2\) Phasen bei unbeschränkter Veränderlichkeit der Potentiale. Das durch diese allgemeinen Sätze gegebene Schema wird in der zweiten Abhandlung auf specielle Fälle angewandt: 1) auf die Zustandsänderungen einer einzigen Substanz, beispielsweise des Phosphors; 2) auf zwei chemische Componenten mit fünf verschiedenen Phasen, z. B. zwei Substanzen, die chemisch nicht auf einander wirken, und die sich im flüssigen Zustande weder mischen noch lösen; 3) auf zwei Componenten, die mit einander ein Kryohydrat bilden. Es zeigt sich dabei, dass zur vollständigen Beschreibung der Erscheinungen noch eine gewisse Ergänzung des Schemas erforderlich ist. Es existiren ausser den (die Räume mit bestimmten coexistirenden Phasen trennenden) Hauptgrenzen, die von dem allgemeinen physikalischen Constanten abhängen, noch ``Grenzen zweiter Ordnung'', die von den speciellen Bedingungen des Versuchs abhängig sind.
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