Beziehungen zwischen den reversiblen Kreisprocessen und den allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen der Kräfte. (Q1522664)

From MaRDI portal
Revision as of 11:54, 22 July 2023 by Importer (talk | contribs) (‎Created a new Item)
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)
scientific article
Language Label Description Also known as
English
Beziehungen zwischen den reversiblen Kreisprocessen und den allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen der Kräfte.
scientific article

    Statements

    Beziehungen zwischen den reversiblen Kreisprocessen und den allgemeinen Gleichgewichtsbedingungen der Kräfte. (English)
    0 references
    0 references
    1895
    0 references
    In einer Abhandlung über die Abhängigkeit der Spannung eines gesättigten Dampfes von den elektrischen Kräften (vergl. F. d. M. XXV. 1893/94. 1808, JFM 25.1808.01) hat Hr. A. P. Sokolow einige Zweifel ausgesprochen gegen die Anwendbarkeit des Princips der virtuellen Verrückungen auf die Körper, die ihre Temperatur zu ändern fähig sind. In diesen Fällen physikalischer Systeme soll man nach Sokolow die reversiblen Kreisprocesse und andere thermodynamische Beziehungen (zweites Gesetz) zu Hülfe nehmen. Hr. Schiller zeigt, dass die erwähnte Methode, wie auch die ihr äquivalente, auf die Bedingung des totalen Differentials einer einwertigen Function gegründete Methode in der Wirklichkeit nichts anderes seien, als einfache Folgen des Theorems der virtuellen Verrückungen. In der That wird der Zustand eines Systems ganz allgemein durch die Temperatur \(t\) und diejenigen unter einander unabhängigen Parameter \(p_1\), \(p_2\), ..., \(p_n\) charakterisirt, deren Aenderungen die virtuellen Verrückungen des Systems bestimmen. So ist die innere Arbeit für eine unendlich kleine Zustandsänderung des Systems ein totales Differential einer einwertigen Function: \[ F(t,p_1,\dots,p_n),\text{ d. h. }= -\frac{\partial F}{\partial t}dt - \sum_1^n \frac{\partial F}{\partial p_i}dp_i. \] Die äussere Arbeit ist der inneren gleich und entgegengesetzt und lässt sich nur durch \(dp_1\), \(dp_2\), ..., \(dp_n\) ausdrücken; daraus folgt für einen isothermischen Kreisprocess die äussere Arbeit gleich \[ \sum_1^n \frac{\partial F}{\partial p_i}dp_i = \text{tot. Diff.} \] Ist aber der Process nicht isothermisch, so ist dann \(F\) vielwertig, obgleich die äussere Arbeit wieder durch \(\sum\limits_1^n \frac{\partial F}{\partial p_i}dp_i\) gestellt wird. Bezeichnen wir die äussere Arbeit mit \(-dL\), die unendlich kleine Wärmemenge mit \(dQ\), bedeuten ferner \(T\) die kinetische, \(\Pi\) die potentielle Energie des Systems, so folgt \[ -dL = \sum_1^n P_idp_i, \] \[ dQ = \frac{\partial(\Pi+T)}{\partial t} + \sum_1^n \frac{\partial(\Pi+T)}{\partial p_i}dp_i + \sum_1^n P_idp_i, \] worin \(-\sum\limits_1^n \frac{\partial \Pi}{\partial p_i}dp_i\) die Arbeit der inneren Kräfte auf den unter einander unabhängigen Verrückungen bedeutet. Diese Kräfte sind mit den äusseren im Gleichgewicht; \(\frac{\partial \Pi}{\partial t}dt\) stellt den Zuwachs der potentiellen Energie dar in Abhängigkeit von der Arbeit der sich nicht im Gleichgewicht haltenden inneren Kräfte, welche die Aenderung der sogenannten cyklischen Coordinaten bedingen. Da der Process reversibel ist, so ist \[ P_i = -\frac{\partial\Pi}{\partial p_i},\quad dQ = dT + \frac{\partial \Pi}{\partial t}dt.\tag{1} \] Daraus ist zu ersehen, dass \(dQ\) für den Fall \(dt=0\) ohne jede Beziehung zum zweiten thermodynamischen Grundgesetze ein totales Differential ist, und dass das genannte Gesetz nur eine Beziehung zwischen \(\Pi\) und \(T\) aufstellt, wenn die Aenderungen des Systems derart sind, dass die Gleichung (1) besteht. In der That ist in diesem Falle \(\frac{dQ}t=\) tot. Diff., \[ \frac{\partial T}{\partial p_i} = -t\frac{\partial}{\partial p_i}\left(\frac{\partial\Pi}{\partial t}\right),\text{ also }T = -t\frac{\partial\Pi}{\partial t}; \] dabei ist \(\Pi\) die freie, \(T\) die gebundene Energie. Die Frage nach dem Gleichgewichte von Kräften bei den reversiblen Verrückungen ist überhaupt durch die Methode der virtuellen Verrückungen zu lösen; offenbar bietet es keine Schwierigkeit dar, dieselbe künstlich auf die Betrachtung von Kreisprocessen hinzuführen. Das soll an einem Beispiel erläutert werden. Man sucht z. B. eine Beziehung zwischen den auf ein System wirkenden Kräften \(X\), \(X_1\), \(X_2\), ..., \(X_n\); die virtuellen Verrückungen sind durch Aenderungen der Parameter \(x\), \(x_1\), ..., \(x_n\) gegeben, mit der Bedingung \[ f(x,x_1,\dots,x_n) = 0.\tag{2} \] Bekanntlich ist die Lösung der Aufgabe \[ X_i = X\frac{\partial f}{\partial x_i}/\frac{\partial f}{\partial x}\text{ u. s. w.} \] unabhängig davon, ob \(f\) von der Temperatur abhängt, oder nicht. ``Thermodynamisch'' muss man verfahren wie folgt: Man stelle sich auf das System wirkend die Kräfte \[ P,\, -P;\quad P_1,\, -P_1;\quad\dots;\quad P_n,\, -P_n \] vor, die sich als Differentialquotienten einer Function \[ F(x, x_1,\dots,x_n, t) \] nach \(x\), \(x_1\), ..., \(x_n\) darstellen lassen. Man betrachte \(-P\), \(-P_1\), ..., \(-P_n\) als fictive innere und \(P\), \(P_1\), ..., \(P_n\) als fictive äussere Kräfte. Man suche nun eine Function \(\varphi(x, \alpha, \alpha',\dots)\), die bei bestimmten \(\alpha\), \(\alpha'\), ... \(X=\frac{\partial\varphi}{\partial x}\) giebt, und stelle sich ein neues mechanisches System vor, dessen Verrückungen durch die Aenderungen von \(x\), \(\alpha\), \(\alpha'\), ... gegeben sind. Dann lasse man auf dies neue System die Kräfte \[ \frac{\partial\varphi}{\partial x},\, -\frac{\partial\varphi}{\partial x};\quad \frac{\partial\varphi}{\partial\alpha},\,-\frac{\partial\varphi}{\partial\alpha};\quad\dots \] wirken und betrachte jetzt beide Systeme als ein einziges mit den äusseren Kräften: \[ P + \frac{\partial\varphi}{\partial x} + X,\quad P_i + X_i,\quad \frac{\partial\varphi}{\partial\alpha},\quad \frac{\partial\varphi}{\partial\alpha},\quad\dots \] Die Arbeit dieser Kräfte auf den unter einander unabhängigen Verrückungen stellt ein totales Differential einer Function \[ \Phi(x,x_1,\dots,x_n,\alpha,\alpha',\dots) \] dar, wenn man die Bedingung (2) in Betracht zieht. Dann folgt \[ \frac{\partial}{\partial\alpha}(P_i+X_i) = \frac{\partial}{\partial x_i}\frac{\partial\varphi}{\partial\alpha} = \frac{\partial}{\partial\alpha} \left(\frac{\partial\varphi}{\partial x}\frac{\partial x}{\partial x_i}\right), \] \[ P_i + X_i = \frac{\partial\varphi}{\partial x}\frac{\partial x}{\partial x_i} + C_i, \] \[ P_i + X_i = X\frac{\partial f}{\partial x_i}/\frac{\partial f}{\partial x} + C_i \] (\(P_i\), \(C_i\) von \(\alpha_i\) unabhängig), und da bei \(X=0\) ferner \(X_i=0\) sein soll, so ist \(C_i=P_i\).
    0 references
    0 references