Abstrakte Geometrie. Untersuchungen über die Grundlagen der Euklidischen und Nicht-Euklidischen Geometrie. (Q5971578)

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Abstrakte Geometrie. Untersuchungen über die Grundlagen der Euklidischen und Nicht-Euklidischen Geometrie.
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    Abstrakte Geometrie. Untersuchungen über die Grundlagen der Euklidischen und Nicht-Euklidischen Geometrie. (English)
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    1940
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    Fortsetzung des Referates von JFM 66.0687.02. \textit{V. Kapitel}. ``\textit{Metrische Geometrie}''. Zunächst werden die \textit{Kongruenzsätze} entwickelt. Sie werden für Strecken und Winkel unter der Annahme der Verknüpfungssätze und der Sätze der reinen Anordnung für eigentliche (und -- falls sie existieren -- auch für uneigentliche) Elemente auf die \textit{Grundsätze} der \textit{eindeutigen Abtragung von Strecken und Winkeln} und den Satz, daß die \textit{Summen gleicher Strecken gleich} seien, gestützt. Der Satz von \textit{Pascal} und der ebene Desarguessche Satz sind, wie gezeigt wird, dann noch nicht beweisbar. Also werden der Summensatz für Winkel, der Satz der Gleichheit der rechten Winkel, die Dreieckskongruenzsätze \((SWS)\) und \((WSW)\) auf den neuen \textit{Kongruenzgrundsatz} (11) gegründet: ``Ist für zwei Punktetripel \(ABC\) und \(A'B'C'\) \(AB=A'B'\), \(AC=A'C'\) und \(\sphericalangle A= \sphericalangle A'\), so gilt \(\sphericalangle B=\sphericalangle B'\).'' Der Erfahrung wird der \textit{metrische Grundsatz der uneigentlichen Elemente} ``Ist \(AB=CD\) und sind \(A\), \(B\), \(C\) eigentliche Punkte, so ist auch \(D\) ein solcher'', entnommen. Er beweist, daß jede eigentliche Gerade keinen, einen oder mehrere uneigentliche Punkte trägt wenn dies für \textit{eine} der Fall ist. Und es gibt keine uneigentlichen Punkte, wenn \textit{einmal} zwei Normalen einer Geraden sich schneiden. Auch die Kongruenzsätze lassen sich auf die uneigentlichen (von Grenzelementen verschiedenen) Elemente ausdehnen. Nach Schur kann man unter Voraussetzung des Desarguesschen Satzes und der Kongruenzaxiome den \textit{Pascal}shen Satz beweisen und beherrscht damit wieder die \textit{Schließungssätze}. Es folgen nun die klassischen Sätze über die \textit{Winkelsumme im Dreieck}, wobei der Euklidische Fall (Winkelsumme in einem und damit in allen Dreiecken \({}=2R\), Abstandskurven = parallele Geraden) vorweggenommen wird. U.~a. wird (durch das Gegenbeispiel einer Koordinatengeometrie über einem nichtmeßbaren Zahlsystem) gezeigt, daß der Schnittpunkt zweier nichtparalleler Geraden nur mit Hilfe der \textit{Meßbarkeit} nachweisbar ist. Das Gleiche wird gezeigt für den Beweis des Schneidens zweier Geraden, falls die Winkelsumme im Dreieck zwei Rechte übertrifft (\textit{Dehn}); sowie für den Satz, wonach aus einer Winkelsumme \(>\), \(=\), \({}<2R\) die Existenz von keinem, einem und mehreren uneigentlichen Punkten auf jeder eigentlichen Geraden (und umgekehrt) folgt (\textit{Dehn}). Natürlich finden sich hier auch die auf \textit{Saccheri} und \textit{Lambert} zurückgehenden Sätze von der Vererbung des Verhaltens der Winkelsumme im Dreieck zu \(2R\) von einem Dreieck auf alle anderen, oder über das metrische Verhalten des Lambertschen Vierecks, sowie des Winkels im Halbkreis. Die Beweise sind oft beachtenswert kurz und elementar. Nun folgt der schöne Abschnitt von der \textit{Geraden als kürzester}. Aus dem Satze ``in jedem Dreieck \(ABC\) liegt der größeren von zwei Seiten der größere der Winkel gegenüber, wenn als Seiten die kleineren der Strecken \(AB\), \(BC\), \(CA\) bezeichnet werden'' folgt leicht: ``In jedem Dreieck \(ABC\) ist die Summe zweier Seiten \(AC+BC\) größer als die dritte \(AB\), wenn darunter die kürzere der beiden Strecken \(AB\) verstanden wird. Gilt ohne Einschränkung der Satz, die geradlinige Verbindung zweier Punkte sei kürzer als jede aus Strecken zusammengesetzte, so gibt es uneigentliche Punkte; besteht überdies Meßbarkeit, so ist nach Legendre die Winkelsumme nicht größer als zwei Rechte. -- Der elementare Satz von der Geraden als kürzester (Dreiecksungleichung) ist unabhängig von dem (zu seinem bisherigen Beweis verwendeten) Kongruenzgrundsatze (11), denn es gibt Geometrien, in denen alle Verknüpfungs-, Anordnungs- und Kongruenzsätze außer (11) gelten und in denen die Gerade die kürzeste ist. Dabei können auf jeder Geraden entweder kein oder ein oder mehrere uneigentliche Punkte liegen. Der Nachweis erfolgt an Hand der Hilbertschen Geometrie mit Grenzoval, der Minkowskischen Geometrie mit zentrisch symmetrischem Eichoval und einer ebenen Geometrie, deren Winkel gewöhnlich, deren Strecken aber durch den Sichtwinkel aus einem Punkte außerhalb der Ebene gemessen werden. Es gelingt nun der metrische Aufbau der \textit{Polarentheorie} mit Hilfe des Lotbegriffes. Und auf Grund der so für die nichteuklidischen Räume geschaffenen Polarentheorie ist es möglich, \textit{Koordinaten} einzuführen. Bezieht man sie auf ein Poltetraeder, so erhält man für die Inzidenzfläche nach Normierungen die Darstellung \[ x_0^2+x_1^2+x_2^2=j^2x_3^2\text{ \;mit \;}j^2=-1\text{ \;oder \;} +1. \] Dabei wurde der Fall einer ringartigen Inzidenzfläche bereits ausgeschlossen, weil für ihn die Maßbeziehung ``\(AC+CB\neq AB\) für nichtkollineare Punkte'' nicht mehr allgemein gültig ist (Poincarés ``vierte Geometrie''). Die kollinearen Automorphien dieser Inzidenzflächen sind \textit{Kongruenzen}. Von solchen werden zuerst die \textit{Drehungen} um einen Punkt \((0,0,0,x_3)\) behandelt. Es wird eine bemerkenswerte Herleitung ihrer Cayleyschen Quaternionendarstellung \(y=axa^{\prime-1}\) gegeben. Hierbei bedeuten \(x\) und \(y\) \textit{Vektoren} \(x=\dfrac{x_0+i_1x_1+i_2x_2}{x_3}\), \(x=\dfrac{x_0-i_1x_1-i_2x_2}{x_3}\); \[ a=a_0+i_1a_1+i_2a_2+i_1i_2a_{12} \text{ und } a'=a_0-i_1a_1-i_2a_2-i_1i_2a_{12} \] sind konjugierte \textit{Quaternionen} und für die Einheiten gelten die Produktregeln \(i_1^2+1=i_2^2+1=i_1i_2+i_2i_1=0\). Auch \(y=\dfrac{x+u}{1+j^2u'x}\) ist, falls \(u\) ein Vektor ist, eine projektive Automorphie der Inzidenzfläche \(xx'=j^2\), nämlich eine sogenannte \textit{Schiebung}. Und die offenbar allgemeine Kongruenz, die sich aus einer Drehung und einer Schiebung zusammensetzen läßt: \(y=a\dfrac{x+u}{1+j^2u'x}a^{\prime-1}\) (*) heißt \textit{Bewegung}. Setzt man \(au=b\), also \(a'u'=b'\), also \(y=\dfrac{ax+b}{j^2b'x+a'}\) (**), so läßt sich diese Transformation durch die ``\textit{Biquaternion}'' \(a+bj\) repräsentieren, wobei \(i_1j+ji_1= i_2j\) sein soll. Die Zusammensetzung zweier Transformationen ist dann äquivalent der Multiplikation der zugehörigen Biquaternionen. Übrigens sind die eben entstandenen Biquaternionen \(a+bj\) zunächst nicht von allgemeiner Art, denn \(u=a^{-1}b\) war ein Vektor, d.~h. es besteht die Relation \(a_0b_{12}-a_1b_2+a_2b_1-a_{12}b_0=0\). Diese ist aber nur fakultativer Art, da sie sich für jede beliebige Biquaternion erfüllen läßt, wenn man diese (was wegen der Homogenität der Endformel (**) zulässig ist) mit einem geeigneten Faktor \(\varrho+\sigma\varepsilon\) (\(\varepsilon=ji_1i_2\), \(\varepsilon^2=-j^2\)) versieht. Auf die Zusammenhänge mit der projektiven Maßbestimmung nach Cayley und Klein wird nicht eingegangen. Um in der \textit{Euklidischen} Geometrie \textit{Koordinaten} auf metrischer Basis zu gewinnen, wird zunächst ohne Voraussetzung der Meßbarkeit die \textit{Theorie der Streckenverhältnisse} (Euklids ``Proportionenlehre'') begründet. Es werden Ähnlichkeiten definiert und der \textit{Pythagoras} bewiesen, sodann Punkt- und Ebenenkoordinaten, insbesondere Cartesische, als Verhältnisse eingeführt. Nach Darstellung der Drehungen durch Quaternionen (insbesondere Versoren) wird gezeigt, daß sich jede Drehung als Folge zweier Umwendungen \(\mathfrak A\) und \(\mathfrak B\) darstellen läßt. Also kann man sie auch als Quotienten \(\frac{\mathfrak A}{\mathfrak B}\) zweier Umwendungen darstellen. Wie oben läßt sich jede Bewegung durch (*) mit \(j^2=0\) beschreiben oder durch die ``parabolischen Biquaternionen \(a+bj\) mittels (**). Auch jede allgemeine Bewegung läßt sich als Produkt zweier Umwendungen (um windschiefe Achsen \(\mathfrak A\), \(\mathfrak B\)) erzeugen, und man kann sie als Quotienten \(\frac{\mathfrak A}{\mathfrak B}\) schreiben. Es folgt leicht die Wienersche Konstruktion der Zusammensetzung zweier Bewegungen. Endlich wird noch bemerkt, daß man die Gaußschen ``\textit{Mutationen}'' (Drehstreckungen um einen Punkt \(O\)) durch Quotienten zweier Vektoren darstellen kann. Und diese Mutationen bilden ein \textit{Zahlensystem}, wobei die Addition assoziativ und kommutativ und die Multiplikation nur assoziativ erklärbar sind. Übrigens kann man zeigen, daß auch beliebige Ähnlichkeiten (nicht jedoch beliebige Kongruenzen oder Bewegungen) die Definition einer Addition und Multiplikation gestatten und somit ein Zahlensystem bilden. Mit einer Betrachtung der \textit{Vollständigkeit und Widerspruchslosigkeit} der entwickelten Geometrien schließen die Untersuchungen: Die Grundsätze der Verknüpfung, der Anordnung und der Kongruenz bilden mit jeder der drei Annahmen, die über die Existenz der uneigentlichen Elemente möglich sind, zusammen ein widerspruchloses und vollständiges System, da sie sich in widerspruchlosen und vollständigen \textit{Koordinatengeometrien} verwirklichen lassen. In der Tat sind diese widerspruchslos und vollständig, wenn es nur die zugrundeliegenden \textit{Zahlensysteme} sind. In historischen Bemerkungen, insbesondere mit der Betonung, daß bei Verzicht auf Meßbarkeit die drei möglichen Geometrien nicht mehr durch die Menge ihrer uneigentlichen Punkte, sondern nur noch durch die Winkelsumme ihrer Dreiecke unterschieden werden können, enden die Untersuchungen der Grundlagen und der systematische Aufbau der drei Geometrien, der so geleistet ist allein auf Grund der Verknüpfungs-, der reinen Anordnungs- und der Kongruenzsätze unter Ausschluß der Existentialsätze der Anordnung, für die hyperbolische Geometrie außerdem auf Grund der Stetigkeit ohne Annahme der Kongruenzsätze. Das überaus einheitlich angelegte Werk geht, wie dieses ausführliche Referat gezeigt haben möchte, vielfach eigene und, mit ähnlichen Untersuchungen anderer Autoren verglichen, im Großen wie auch in vielen Einzelheiten sehr originelle Wege. Das Buch schließt mit einem \textit{Entwurf der Lehre vom Inhalt der Polygone} und für den Euklidischen Fall \textit{der Polyeder}, wobei gezeigt wird, daß zu deren Begründung \textit{Stetigkeit und Meßbarkeit entbehrlich} sind, wenn man den Begriff des \textit{Inhaltsmaßes} verwendet. Die Inhaltsgleichheit kann in der \textit{Ebene} als Teilkongruenz definiert werden, d.~h. es soll möglich sein, die inhaltsgleichen Polygone additiv und subtraktiv aus denselben Dreiecken aufzubauen. Ein Aufbau auf dieser Grundlage ohne Stetigkeit und Meßbarkeit rührt für die Ebene von \textit{Hilbert} her. Im \textit{Raume} ist jedoch nach einem klassischen Satze, den \textit{Bricard} und \textit{Sforza} speziell, \textit{Dehn, Kagan} und \textit{Vahlen} allgemein bewiesen haben, eine Definition der Inhaltsgleichheit zweier Polyeder als Teilkongruenz \textit{nicht} möglich, da zwischen den Flächenwinkeln teilkongruenter Polyeder notwendig stets eine lineare homogene ganzzahlige Kongruenz (mod \(\pi\)) besteht (hinreichende Bedingungen sind noch nicht bekannt). Daß aber eine solche Kongruenz nicht notwendig für irgend zwei inhaltsgleiche Polyeder erfüllt ist, zeigt am einfachsten das Beispiel von rechtem Quader (``Riegel'') und einem Platonschen Körper. \textit{Hilbert} meinte darum, es sei notwendig, andere Hilfsmittel, wie das \textit{Cavalieri}sche Prinzip, heranzuziehen. (Vgl. hierzu die Dissertation von \textit{W.~Süß}, Math. Ann. 82 (1921), 287-305; F.~d.~M. 48\(_{\text{I}}\), 640.) Vahlens Aufbau der räumlichen Inhaltslehre kommt nun ohne Stetigkeit und Meßbarkeit aus, indem er in formaler Weise vorgeht und sich auf den Begriff des Inhaltsmaßes stützt. Da die erste Auflage des Werks 1905 erschien, wird man vielleicht in dieser Neuauflage an manchen Stellen ein Eingehen auf Ergebnisse späterer Autoren erwartet haben, z.~B. Erwähnung des heute bereits klassischen \textit{Hessenberg}schen Theorems (aus 1905). Es waren aber offenbar in dieser Hinsicht Änderungen nicht geplant.
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