Affine Differentialgeometrie der Strahlensysteme. I, II. (Q1435807)

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Affine Differentialgeometrie der Strahlensysteme. I, II.
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    Affine Differentialgeometrie der Strahlensysteme. I, II. (English)
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    1929
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    Ein Sechservektor \(\mathfrak p\) mit sechs willkürlichen Komponenten kann geometrisch stets als linearer Geradenkomplex gedeutet werden. Erfüllen seine Komponenten die ``\textit{Plücker}sche Identität'', so ist durch ihn eine Gerade gegeben. Unter einem Strahlensystem ist (mit Berücksichtigung geeigneter Regularitätsvoraussetzungen) eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit im vierdimensionalen \textit{Plücker}schen Geradenraum (Linienraum) zu verstehen. Der Gruppe der euklidischen Bewegungen des Linienraumes entspricht bekanntlich die Gruppe der dualen Drehungen der dualen Einheitskugel (\textit{Study}s Übertragungsprinzip!). Für den weiter gespannten Rahmen einer affininvarianten Liniengeometrie versagt dieses einfache Übertragungsprinzip. Demgemäß entwickelt Verf. in den ersten zwei Dritteln des ersten Teiles seiner Arbeit die neuen erforderlichen formalen Hilfsmittel. Um der Invarianz der uneigentlichen Ebene gerecht zu werden, bieten sich zwei Wege: entweder man hält eine ausgezeichnete ausgeartete lineare Kongruenz invariant, oder man ergänzt den Linienraum durch einen ausgezeichneten kontravarianten Vierervektor, dessen Komponenten als homogene (Ebenen-)Koordinaten eingeführt werden. Die Kenntnis eines einzigen derartigen kontra- oder kovarianten ``homogenen'' Vierervektors genügt, um durch Überschiebung mit der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden \textit{Plücker}schen (ko- bzw. kontravarianten) Koordinaten alle Punkte und Ebenen in ihren gewöhnlichen homogenen Koordinaten darzustellen (\textit{Mertens}sche Ketten!). In dem so erweiterten Linienraum entsteht nun die Aufgabe, die Umgebung eines allgemeinen Raumelementes, d. h. eines allgemeinen Systemstrahls \(\mathfrak p (u, v)\) bis zur zweiten Differentiationsordnung affininvariant zu charakterisieren. Brennpunkte, uneigentlicher Punkt und jeder durch ein vorgegebenes Doppelverhältnis mit diesen bestimmte vierte Punkt auf einem und demselben Systemstrahl sind affininvariant ausgezeichnet, insbesondere also auch der Mittelpunkt zwischen den beiden Brennpunkten. Auf diese Weise gelangt man zu affininvariant mit dem Strahlsystem verknüpften Flächen (Brennflächen, Mittenflächen usw.). Für die seit \textit{Sannia} in der Theorie der Strahlensysteme vorbildlich gewordene Zuordnung quadratischer Differentialformen bietet sich zunächst die Differentialgleichung der im Strahlsystem enthaltenen beiden Torsenscharen (Einführung von Torsenparametern!). Damit ist der Vorteil verknüpft, daß die partiellen Ableitungen des \textit{Plücker}schen Vektors \(\mathfrak p\) der \textit{Plücker}schen Identität genügen (\(\mathfrak p_u^2=\mathfrak p_v^2=0\)), somit selbst Geraden darstellen. Dann bilden die uneigentlichen Punkte der Geraden \(\mathfrak p\), \(\mathfrak p_u\) und \(\mathfrak p_v\) zusammen mit dem (eigentlichen) Mittenpunkt die Eckpunkte eines mit dem Strahlsystem affininvariant verbundenen Grundtetraeders. Verzichtet man auf die speziellen Torsenparameter, so wird die Bestimmung des Grundtetraeders komplizierter, da die partiellen Ableitungen des \textit{Plücker}schen Vektors nicht mehr die \textit{Plücker}sche Identität befriedigen. Dafür ist es aber möglich, die (homogenen) \textit{Plücker}schen Linienkoordinaten parameterinvariant zu normieren, womit der Anschluß an den Tensorkalkül, wie ihn \textit{W. Blaschke} in der gewöhnlichen affinen Differentialgeometrie verwendet, gewonnen ist. Die Differentialgleichung der Torsen des Strahlsystems liefert den (symmetrischen) Fundamentaltensor \(G_{ik}\) des Strahlsystems; die erwähnte parameterinvariante Normierung führt auf einen schiefsymmetrischen Tensor \(E_{ik}\), dessen kovariante Ableitung bezüglich des Fundamentaltensors verschwindet. Die nächste Aufgabe ist die Bestimmung der Koordinaten des Grundtetraeders für allgemeine Parameter mit Hilfe \textit{Mertens}scher Ketten und die Bestimmung der ``Ableitungsgleichungen'', 'd. h. die Darstellung der kovarianten (ersten) Ableitungen der Koordinaten des Grundtetraeders (relativ \(G_{ik}\)) durch letztere selbst. Die Diskussion der Integrabilitätsbedingungen der Ableitungsgleichungen führt auf den Satz: ein Strahlsystem \(\mathfrak p(u,v)\) ist durch eine quadratische Grundform \(G_{ik}du^i\,du^k\) und eine kubische \(B_{ikl}du^i\,du^k\,du^l\) bis auf Affinitäten vollständig bestimmt. Die Untersuchung der Regelflächen eines Strahlsystems führt auf eine weitere kubische Differentialform \(C_{ikr}du^i\,du^k\,du^r\) und die Untersuchung ihrer Nullflächen, der sogenannten Symmetrieflächen des Strahlsystems. Unter den Regelflächen eines Strahlsystems sind die ``geodätischen'' von besonderer Bedeutung, welche auf zahlreiche Zusammenhänge und Analogien sowohl zur gewöhnlichen affinen wie auch bewegungsinvarianten Flächen- und Kurvendifferentialgeometrie fuhren. Zum Schluß des ersten Teiles der Arbeit folgt eine Untersuchung der Brennflächen und \(W\)-Strahlensysteme. Von den Ergebnissen sei hervorgehoben: sind die quadratische und kubische Grundform des Strahlsystems apolar zueinander, dann sind die beiden Brennflächen des Systems in Kurven ausgeartet. Die Differentialgleichung der \(W\)-Strahlensysteme ist in invarianter Form durch das Verschwinden einer Simultaninvariante der beiden Grundformen des Strahlsystems gegeben: \(C_{iks}\cdot C^{iks}=0\). Den zweiten Teil seiner Arbeit widmet Verf. einer genaueren und systematischen Untersuchung der Simultaninvarianten der quadratischen und einer der beiden kubischen Grundformen. Je drei benachbarte Strahlen des Systems bestimmen eine Fläche zweiten Grades; der Ort der Mittelpunkte aller dieser Flächen ist ein Kegel dritten Grades, der sogenannte ``Krümmungskegel''. Dann besteht folgendes Analogon zum \textit{Meusnier}schen Satz der gewöhnlichen Flächentheorie: Die Mittelpunkte der \(\infty^1\) Schmieg-\(F_2\) aller Regelflächen des Strahlsystems durch den Strahl \(\mathfrak p\), die zwei benachbarte Strahlen \(\mathfrak p\) und \(\mathfrak p+d\mathfrak p\) gemeinsam haben, liegen auf einer Geraden, die Erzeugende des Krümmungskegels ist. Der Schnitt des Krümmungskegels mit der uneigentlichen Ebene -- eine rationale kubische Kurve -- führt auf die Begriffe ``Indikatrix des Systemstrahls'', ``hyperbolische, parabolische, elliptische Umgebung'' eines Systemstrahls. Ein weiterer Begriff dieser Theorie ist das ``Krümmungsbild'' des Strahlsystems: der Ort der Endpunkte aller von einem festen Punkt aufgetragenen Vektoren von der (einfachen oder doppelten) Länge der Brennpunktstrecke der einzelnen Systemstrahlen. Es zeigt sich, daß die Ebenen des Grundtetraeders durch die beiden Brennebenen, die uneigentliche und eine Parallelebene zur zugehörigen Krümmungsbildtangentialebene bestimmt sind. Die weitere Untersuchung behandelt die Mittenflächen und \textit{Ribaucour}schen Strahlsysteme. Der Schluß der ganzen Arbeit ist den drei Simultaninvarianten der Grundformen vorbehalten, welche an dieser Stelle erste, zweite und dritte Krümmung des Strahlsystems genannt werden. Es gelten die Sätze: (1) Das Verschwinden der ersten Krümmung besagt, daß eine Brennfläche des Systems in eine Kurve ausartet. (2) Das Verschwinden der zweiten Krümmung ist kennzeichnend für \(W\)-Strahlensysteme. (3) Das Verschwinden der dritten Krümmung kennzeichnet die Strahlsysteme, für welche der zu \(s\), \(x_1\), \(x_2\) harmonische vierte Punkt \(\overline{s}\) auf dem Krümmungskegel liegt, wenn unter \(s\) der Schnittpunkt der uneigentlichen Geraden der Tangentialebene der Mittenfläche und derjenigen des Krümmungsbildes und unter \(x_1\), \(x_2\) die Schnittpunkte der uneigentlichen Geraden der Tangentenebene des Krümmungsbildes mit den uneigentlichen Geraden der Brennebenen verstanden werden. Im Verlauf der beiden Arbeiten wird eine weitere angekündigt, welche die bisher ausgeschlossenen Sonderfälle parabolischer und zylindrischer Strahlensysteme behandeln soll.
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