Mémoire sur les ensembles analytiques et projectifs. (Q1450116)

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Mémoire sur les ensembles analytiques et projectifs.
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    Mémoire sur les ensembles analytiques et projectifs. (English)
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    1926
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    Die vorliegende Arbeit (deren angekündigte Fortsetzung anscheinend nicht veröffentlicht worden ist) ist eine ausführliche Darstellung der in den Jahren 1916-1918 von Verf., \textit{Suslin} und \textit{Sierpiński} entwickelten Theorie der analytischen und projektiven Mengen, deren Sätze damals in C. R.-Noten meist ohne Beweis ausgesprochen wurden. Hier werden, wie auch schon in den C. R.-Noten des Verf. aus dem Jahre 1925 (F. d. M. 51; 8, 169, 170), gegenüber der mehr formalen Behandlung der älteren Zeit geometrische Gesichtspunkte mehr in den Vordergrund gestellt. Darin wie auch in andern Punkten, z. B. der sorgfältigen Scheidung der verschiedenen Standpunkte in Existenzfragen, ist die Arbeit wohl als Vorläufer des 1930 erschienenen Buches des Verf. ``Leçons sur les ensembles analytiques et leurs applications'' (F. d. M. \(56_{\text{I}}\), 85) zu betrachten. In der Tat sind Teile der Arbeit fast unverändert in das Buch übergegangen. Es sei aber bemerkt, daß bei einigen Definitionen (z. B. der der analytischen Menge) und Sätzen in dem Buch gegenüber der Arbeit dadurch eine formale Vereinfachung erreicht worden ist, daß dort die Menge der Irrationalzahlen, hier die Menge der reellen Zahlen eines Intervalls den Betrachtungen zugrunde gelegt wird. Verf. beginnt mit der ``genetischen'' Definition der \textit{Borel}schen Mengen, nach der diese Mengen, ausgehend von den Intervallen, durch fortgesetzte Summen- und Durchschnittsbildung abzählbar vieler schon definierter Mengen entstehen. Bei dieser Definition ist \textit{die Gesamtheit} der \textit{Borel}schen Mengen ebenso wie die der Zahlen der zweiten Zahlklasse, die in die ausführliche Beschreibung der Konstruktion jener ersten Gesamtheit eingeht, ``illegitim'', wenn auch in sich widerspruchsfrei -- Verf. bringt hier die wesentlichen Punkte der \textit{Borel}schen Kritik. Trotzdem gestattet diese Definition, eine Reihe von Eigenschaften festzustellen, die \textit{allen Borel}schen Mengen zukommen. Es sind dies die induktiven Eigenschaften, die (1) den Intervallen zukommen und (2) bei Anwendung von Summen- und Durchschnittsbildung auf eine schon definierte Gesamtheit, deren Mengen diese Eigenschaft besitzen, erhalten bleiben. Diese Methode hat \textit{Lebesgue} in seiner Arbeit ``Sur les fonctions représentables analytiquement'' (1905; F. d. M. 36, 453 (JFM 36.0453.*)) angewendet. Bemerkenswerterweise gibt es aber \textit{nicht} induktive Eigenschaften der \textit{Borel}schen Mengen, so daß dieses Hilfsmittel allein der Theorie doch nicht vollkommen gerecht wird; deren wichtigste ist in dem zuerst von \textit{P. Alexandroff} und \textit{F. Hausdorff} bewiesenen Satz ausgesprochen: Jede \textit{Borel}sche Menge ist entweder höchstens abzählbar oder sie enthält eine perfekte Teilmenge, ist also von der Mächtigkeit des Kontinuums. (\textit{Alexandroff}, C. R. 162 (1916), 323 325; F. d. M. 46, 301 (JFM 46.0301.*). \textit{Hausdorff}, Math. Ann. 77 (1916), 430-437; F. d. M. 46, 291.) Neben die genetische Definition der \textit{Borel}schen Mengen stellt Verf. die axiomatische: Die Gesamtheit der \textit{Borel}schen Mengen ist der kleinste Körper (d. h. das kleinste sich bei Summen- und Durchschnittbildung reproduzierende Mengensystem), das die Intervalle mit rationalen Endpunkten enthält. Hiernach wird also zuerst die Gesamtheit der \textit{Borel}schen Mengen, die einzelne Menge nur durch ihre Zugehörigkeit zu dieser Gesamtheit definiert. Auch diese Definition ist zunächst illegitim, weil man sich zum Nachweis der Existenz eines Körpers auf das System aller Punktmengen berufen muß. Verf. stellt jedoch, als Hilfsmittel, das später einen exakten Sinn erhalten soll, die Existenz dieses Körpers unter dem Namen ``Minimumprinzip'' als Postulat auf. Daraus werden die einfachsten Sätze über \textit{Borel}sche Mengen abgeleitet, insbesondere: Die Komplementärmenge einer \textit{Borel}schen Menge ist eine \textit{Borel}sche Menge (ebenfalls eine nichtinduktive Eigenschaft). Das Minimumprinzip wird gerechtfertigt durch die Theorie der analytischen Mengen. Eine Menge heißt eine analytische Menge, wenn sie der Wertevorrat einer im offenen Intervall \((0,1)\) definierten Funktion mit höchstens abzählbar vielen Unstetigkeitsstellen oder kürzer einer ``abzählbar unstetigen'' Funktion ist. Sie kann übrigens auch als Wertevorrat einer konvergenten und sogar, wie später gezeigt wird, einer absolut konvergenten Reihe von Polynomen definiert werden. Die Gesamtheit der analytischen Mengen wird als der ``analytische Körper'' bezeichnet. Sie bildet eine legitime Gesamtheit mit endlicher Definition und ist, wie aus den später bewiesenen Sätzen hervorgeht, in der Tat ein Körper, der die Intervalle mit rationalen Endpunkten, also den Körper der \textit{Borel}schen Mengen, enthält. Von Wichtigkeit sind die ``ensembles analytiques d'unicité'', also etwa die ``schlicht analytischen Mengen'', die sich durch solche abzählbar unstetige Funktionen definieren lassen, die in verschiedenen Punkten verschiedene Werte annehmen. Auch die Gesamtheit der schlicht analytischen Mengen bildet zusammen mit den höchstens abzählbaren Mengen einen Körper, den ``restringierten analytischen Körper'', der die Intervalle mit rationalen Endpunkten, also den Körper der \textit{Borel}schen Mengen, enthält. Da jede schlicht analytische Menge eine perfekte Menge enthält, ergibt sich unmittelbar der \textit{Alexandroff-Hausdorff}sche Satz über die Mächtigkeit der \textit{Borel}schen Mengen. -- In diesem Zusammenhang ist es übrigens notwendig, zu untersuchen, inwiefern durch eine gegebene Funktion die Menge ihrer Unstetigkeitsstellen als gegeben anzusehen ist; Verf. entwickelt ein legitimes (abzählbares) Verfahren, durch das die Menge der Unstetigkeitsstellen, falls sie höchstens abzählbar ist, tatsächlich in eine Folge geordnet werden kann, während andernfalls eine Entscheidung über die Nichtabzählbarkeit herbeigeführt wird. Die bisherigen Begriffsbildungen und Sätze für lineare Mengen werden dann auf Mengen in euklidischen Räumen übertragen. Hier ist der - übrigens leichte -- Nachweis der Unabhängigkeit der Begriffsbildungen vom Koordinatensystem zu führen. Ein für die weiteren Untersuchungen wichtiges Hilfsmittel besteht in dem folgenden Satz: Ist \(E'\) ein in einem höherdimensionalen euklidischen Raum \(E\) gelegener euklidischer Raum, so besitzt eine in \(E'\) gelegene Menge die Eigenschaft, \textit{Borel}sche oder analytische Menge zu sein, stets gleichzeitig in bezug auf \(E\) und \(E'\); durch Schnitt einer \textit{Borel}schen oder analytischen Menge in \(E\) mit einem \(E'\) entsteht also eine Menge gleicher Art in \(E'\). Es wird dann eine weitere Operation eingeführt: Die Projektion einer im Raum \(E\) gelegenen Menge auf einen niederdimensionalen Raum \(E'\). Projektionen \textit{Borel}scher und analytischer Mengen sind analytisch (aber, was hier nicht bewiesen wird, nicht jede Projektion einer \textit{Borel}schen Menge ist eine \textit{Borel}sche Menge). Schwierig ist der Beweis des Satzes: Jede analytische Menge des \(m\)-dimensionalen Raumes läßt sich auffassen als Projektion einer sogenannten ``elementaren'' \textit{Borel}schen Menge des \((m + 1)\)-dimensionalen Raumes, d. h. einer Menge, die man als Durchschnitt einer Folge von ineinander geschachtelten Systemen von Parallelepipeden des \((m + 1)\)-dimensionalen Raumes darstellen kann. Dieser Satz gibt dem Verf. Veranlassung zu einer Erörterung über das Auswahlaxiom und den \textit{Lebesgue}schen Fall der Auswahl, wo die Auswahl durch ein Gesetz effektiv gegeben ist. Es handelt sich um die Frage: Man habe eine analytische Menge \(A'\) im Raume \(E'\) als Projektion einer elementaren Menge \(A\) in dem um Eins höherdimensionalen Raum \(E\) gegeben; befindet man sich bei der Aufgabe, auf jeder Senkrechten auf \(E'\) in einem Punkte von \(A'\) einen zu \(A\) gehörigen Punkt zu bestimmen, im Falle der \textit{Lebesgue}schen Auswahl? Verf. zeigt, daß diese Frage zu bejahen ist; allerdings kann für eine nicht schlicht analytische Menge das Gesetz, das die Auswahl bestimmt, nicht durch \textit{Baire}sche Funktionen gegeben sein. Aus der Theorie der Projektionen leitet Verf. noch drei Eigenschaften der analytischen Mengen ab: (1) Jede analytische Menge ist entweder abzählbar, oder sie besitzt eine perfekte Teilmenge, also die Mächtigkeit des Kontinuums. (2) Jede analytische Menge ist meßbar (nach \textit{Lebesgue}). (3) Zu einer vorgegebenen analytischen Menge \(A\) besitzt jede perfekte Menge \(P\) des Raumes eine Teilmenge \(\pi\), so daß entweder \(A\) oder ihr Komplement \(C A\) in \(\pi\) von erster Kategorie ist. -- (2) und (3) sind übrigens Beispiele von induktiven Eigenschaften. Damit bricht dio Arbeit ab ; für den Ausbau der hier begonnenen Entwicklungen, in denen z. B. noch der Nachweis der Übereinstimmung des restingierten analytischen Körpers mit dem der \textit{Borel}schen Mengen fehlt, wird man am besten das Buch des Verf. heranziehen. (IV 3 C.)
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