Zusätze zur Kreiseltheorie mit einer Anwendung auf die Ballistik. (Q1471356)

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Zusätze zur Kreiseltheorie mit einer Anwendung auf die Ballistik.
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    Zusätze zur Kreiseltheorie mit einer Anwendung auf die Ballistik. (English)
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    1916
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    Um die Kreiselwirkung des Langgeschosses unter dem Einfluß\ des Luftwiderstandes zu behandeln, hat der Verf. die Theorie des schweren symmetrischen Kreisels verallgemeinert, indem er an die Stelle des Momentes des Gewichtes um den festen Punkt ein solches mit einem allgemeineren analytischen Ausdruck einführte. Das Moment des Luftwiderstandes ist dann darin als Sonderfall enthalten. Zur Einleitung gibt er im ersten Paragraphen der Theorie des schweren symmetrischen Kreisels unter Benutzung vektorieller Schreibweise eine für die spätere Verallgemeinerung geeignete Gestalt. Die vektorielle Auffassung läßt aus dem Impulssatz unmittelbar die drei ersten Integrale, die beiden Flächenintegrale und das Energieintegral, ablesen, und die einfachen Beziehungen zwischen den Komponenten der Vektoren des Drehimpulses und der Drehgeschwindigkeit nach den Hauptträgheitsachsen geben bei Einführung der \textit{Euler}schen Winkel, Gleichungen, welche durch Quadratur sogleich die zweiten Integrale liefern, wenn man \(\cos \vartheta=u\) als unabhängige Veränderliche einführt, unter \(\vartheta\) den Winkel der Nutation verstanden. Der Satz von Darboux über die Bewegungen zweier symmetrischer Kreisel, welche sich nur durch den Wert des Trägheitsmoments um die Symmetrieachse unterscheiden - für ihn wird auch eine sehr einfache Herleitung gegeben - gestattet die Beschränkung aller Überlegungen auf den Kugelkreisel. Im zweiten Paragraphen wird dann die Bewegung des symmetrischen Kreisels behandelt, wenn an die Stelle des konstanten Produkts aus Gewicht und Abstand des Schwerpunkts vom Drehpunkt eine Funktion \(Q(u)\) tritt. Die Integration der Bewegungsgleichungen läßt sich analog wie beim schweren Kreisel durchführen, wobei sich noch eine Reziprozitätseigenschaft zwischen Präzessionsgeschwindigkeit und Eigendrehgeschwindigkeit ergibt. Vertauscht man beide im Augenblick verschwindender Nutationsgeschwindigkeit, so bleibt der Verlauf der Nutation ungeändert. Die Stellen verschwindender Nutationsgeschwindigkeit sind Wurzeln einer Gleichung \(U(u)=0\) und liegen also auf bestimmten Parallelkreisen der Einheitskugel um den festen Drehpunkt. Der Verf. denkt die Kreiselspitze immer zu Beginn der Bewegung auf einen solchen Parallelkreis gebracht. Ist die zugehörige Wurzel eine mehrfache Wurzel, so tritt reguläre Präzession ein, die aber (im Sinne von \textit{Klein-Sommerfeld}) stabil für die größte Wurzel des zulässigen Intervalls \(-1 \leqq u \leqq +1\) nur dann ist, wenn es sich um eine Wurzel von gerader Vielfachheit handelt. Für die zweitgrößte Wurzel reicht auch das noch nicht aus, sondern es muß\ auch noch die größere Wurzel mit betrachtet werden. Der Normalfall der Bewegung ist natürlich der, daß\ die Gleichung \(U(u)=0\) einfache Wurzeln hat und die Bewegung der Kreiselspitze in der Zone stattfindet, die durch zwei zu den Wurzeln gehörige Parallelkreise abgegrenzt wird. Wie beim schweren symmetrischen Kreisel schließt man, daß\ die Meridianebenen durch die Treffpunkte der begrenzenden Parallelkreise mit der Bahn der Kreiselspitze Symmetrieebenen dieser Bahn sind, und die Bahn sich also aus einzelnen Halbbögen zusammensetzen muß, die ohne ``Umkehr'' von einem Parallelkreise zum andern verlaufen und abwechselnd symmetrisch und kongruent sind. Die Feststellungen über das Auftreten von Schleifen und Spitzen sind natürlich etwas allgemeiner wie beim schweren Kreisel. Der Verf. gibt in einer großen Anzahl (in stereographischer Projektion gezeichneter) Figuren einen Überblick über die möglichen Bewegungsformen. Auch der Sonderfall, daß\ die größte Wurzel von \(U(u)=0\) den Wert 1 hat und also die Kreiselachse zu Beginn senkrecht steht, erledigt sich leicht. Handelt es sich um eine mehrfache Wurzel, so haben wir aufrechte Drehung des Kreisels. Für sie werden die Stabilitätskriterien aufgestellt. Ist die Wurzel einfach, so ist die Bahn der Kreiselspitze aus Halbbögen zusammengesetzt, die von dem Durchstoßpunkte der Vertikalen auslaufend den durch die nächst kleinere Wurzel gelieferten Parallelkreis berühren. Auch hier zeichnet der Verf. die möglichen Formen der Bahn. In Anwendung auf die Kreiselwirkung des Langgeschosses, zu der er sich im dritten Paragraphen wendet, hat er \(Q(u)=C_1u\) zu setzen, wo \(\vartheta=\text{arccos}u\) jetzt der Winkel zwischen der Kreiselachse und der Tangente der Flugbahn ist, die hier an der Stelle der Vertikalen beim schweren Kreisel tritt. Die Gleichung \(U(u)=0\) hat in diesem Sonderfall vier Wurzeln, von denen aber nur zwei in dem.Gebiet \(-1 \leqq u \leqq +1\) liegen. Fallen diese zusammen, so tritt stabile reguläre Präzession um die Flugbahntangente ein. wenn die Doppelwurzel im Inneren des Intervalls liegt. Rückt sie aber auf den Rand nach \(u=1\), d. h. fallen Kreiselachse und Flugbahntangente anfänglich zusammen - und das ist gerade der praktisch wichtige Fall, so ist die Bewegung nur stabil, wenn die Drehgeschwindigkeit einen gewissen, durch die Widerstandszahl \(C_1\) bestimmten Betrag überschreitet. Sind beide Wurzeln einfach, so lassen sich die qualitativen Überlegungen des zweiten Paragraphen hier auch quantitativ ergänzen, da die auftretenden Integrale elliptische Integrale sind, doch steht die so erreichte Rechengenauigkeit in keinem Verhältnis zu der Unsicherheit der Grundlagen. Die Luftwiderstandszahl \(C_1\) ist eine Funktion der Geschwindigkeit und ändert sich längs der Flugbahn; daher muß\ man die krumme Flugbahn durch ein Sehnenpolygon ersetzen, für dessen einzelne Seiten die bisherigen Überlegungen gelten. Wie der Verf. überschlägt, hat dann die Achse des Geschosses, wenn es das Rohr zentriert verläßt, immer sehr angenähert die Richtung der Flugbahntangente. Wird aber \(C_1\) klein, wie an den Stellen kleiner Geschwindigkeit, und ist die Drehgeschwindigkeit sehr groß, so kann man die Glieder mit \(C_1\) in den Gleichungen vernachlässigen, und das Geschoß\ wird ein freier Kreisel, dessen Achse sich von der Flugbahnrichtung entfernen kann. Man darf daher die Drehgeschwindigkeit nur wenig oberhalb der für die Stabilität notwendigen Größe wählen.
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