Vorlesungen über Differentialgeometrie. Deutsch von \textit{M. Lukat}. 2. Aufl. (Q1487136)

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Vorlesungen über Differentialgeometrie. Deutsch von \textit{M. Lukat}. 2. Aufl.
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    Vorlesungen über Differentialgeometrie. Deutsch von \textit{M. Lukat}. 2. Aufl. (English)
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    1910
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    Der Neubearbeitung des italienischen Originals (Pisa 1902, 1903, 1909) folgt in dem vorliegenden Bande die zweite Auflage der deutschen Ausgabe. Es handelt sich bei ihr nicht um eine einfache Übersetzung, sondern es galt, den dort in drei Bänden gegebenen Stoff so zu sichten und zu ordnen, daß er in einem Bande von mäßigem Umfange untergebracht werden konnte. Dabei mußte der ganze Aufbau wesentlich straffer gefügt werden, Dinge, die an sich reizvoll sind, aber nicht unbedingt zum System gehören, mußten fallen (so alle Kapitel über höhere Raumformen), anderes ließ sich bei der neuen Durcharbeitung noch kürzer und einheitlicher darstellen. So wurde die Theorie der quadratischen Differentialformen, die ja bekanntlich für \textit{Bianchi} die Grundlage der ganzen Theorie bildet, von vornherein auf das binäre Gebiet beschränkt. Abgesehen hiervon, unterscheiden sich die ersten 16 Kapitel nur in Einzelheiten von der ersten Auflage und den entsprechenden Teilen der italienischen Ausgabe. Einer gründlichen Umarbeitung wurde dagegen die Theorie der Deformation der Flächen konstanter Krümmung unterworfen, die entsprechend den Forschungsergebnissen des letzten Jahrzehnts zu einer Theorie der Deformation der Flächen zweiter Ordnung erweitert werden konnte. Hier finden insbesondere die Ergebnisse der \textit{Bianchi}schen Preisarbeit vom Jahre 1909 Platz, die er in seiner ``Teoria delle Trasformazioni delle superficie applicabili sulle quadriche'' zuerst im dritten Bande seiner Lezioni ausführlich entwickelt hat. Da das Referat, das im Vorjahre hierüber berichtete, eine ausführlichere Darlegung im Anschluß an diese deutsche Ausgabe in Aussicht stellte, und wegen der fundamentalen, sicher noch lange nicht erschöpften Bedeutung dieser Theorie seien hier ihre Grundgedanken kurz skizziert. Den Ausgangspunkt bildet die \textit{Bäcklund}sche Transformation der pseudosphärischen Flächen, d. h. der Biegungsflächen einer speziellen Fläche zweiter Ordnung, der nullteiligen Kugel \(K: x^2+y^2+z^2+R^2=0\). Für jeden Punkt \(P\) dieser Fläche konstruiere man sich diejenigen Facetten \(F_1\) *), [*) Facette nennt \textit{Bianchi} im Anschluß an \textit{Du Bois-Reymond} das \textit{Lie}sche ``Flächenelement'', die Kombination eines Punktes \(P=(x,y,z)\) und einer durch ihn gehenden Ebene, die durch \(p=\frac{\partial z}{\partial x}\), \(q=\frac{\partial z}{\partial y}\) bestimmt ist. \(P\) heißt der Mittelpunkt, \(x, y, z, p, q\) die Koordinaten der Facette.] deren Ebenen durch \(P\) gehen, die konzentrische Fläche \(K_1: x^2+y^2+z^2+R^2\sin \sigma=0\) berühren, und deren Mittelpunkte auf \(K_1\) liegen. Es gibt \(\infty^3\) derartiger Facetten, die man sich mit den Facetten der Kugel \(K\) starr gekoppelt denkt. Biegt man nun \(K\) in irgendeine zu ihr isometrische Fläche, so ordnen sich diese \(\infty^3\) Facetten zu \(\infty^1\) Flächen, die alle selbst zu \(K\) isometrisch sind. Diese Transformation läßt sich aber verallgemeinern, so daß sie für beliebige Flächen zweiter Ordnung gilt: Man lege an eine Fläche zweiter Ordnung \(F\) in jedem Punkte die Tangentialebene, die eine bestimmt gewählte konfokale Fläche \(F^1\) in den Punkten \(P'\) eines Kegelschnitts trifft. Dann koppele man mit den Flächenelementen von \(F\) invariant die Flächenelemente, deren Mittelpunkte \(P'\) sind, und deren Ebenen die Gerade \(PP'\) enthalten und die Fläche \(F'\) berühren. Bei jeder Biegung der Fläche \(F\) ordnen sich die so konstruierten \(\infty^3\) Facetten zu \(\infty^1\) Flächen, die alle auf \(F\) abwickelbar sind. Wählt man unter diesen \(\infty^1\) Flächen eine beliebige, \(F_1\), heraus, auf der der Punkt \(P'\) in die Lage \(P_1\) gekommen sei, und biegt jetzt \(F_1\) auf die Fläche zweiter Ordnung \(F\), so kommt \(P_1\) mit einem Punkte \(P_0\) zur Deckung, und dieser hat die Eigenschaft, mit \(P'\) in \textit{Ivory}scher Verwandtschaft zu stehen. Der Beweis dieser höchst merkwürdigen Beziehungen, deren innerer Grund bis jetzt noch keineswegs aufgedeckt ist, und die eine Fülle von speziellen Ergebnissen (z. B. über Kegelflächen) in sich schließen, bildet den Hauptinhalt der Kapitel 18-21. So überraschend einfach der geometrische Gehalt sich erweist, so umständlich ist der analytische Apparat, der zum Beweise herangeholt werden muß, und es bedurfte der ganzen Virtuosität des berühmten Autors, um der Schwierigkeiten Herr zu werden. Daß die so gewonnene \textit{Bianchi}sche Transformation \(B_k\) in der Tat eine naturgemäße Verallgemeinerung der \textit{Bäcklund}schen bildet, ergibt sich aus der Tatsache, daß sie mit ihr eine große Anzahl von Eigenschaften teilt. Insbesondere gilt auch für sie jener wichtige Vertauschbarkeitssatz, der es gestattet, nach der Integration einer einzigen totalen Differentialgleichung vom \textit{Riccati}schen Typus das Verfahren ohne jede weitere Quadratur unbeschränkt fortzusetzen. Der Satz besagt folgendes: Sind zwei Fachen \(S_1, S_2\) mit einer auf die Fläche zweiter Ordnung \(Q\) abwickelbaren Fläche \(S\) durch zwei Transformationen \(B_{k_1}\) und \(B_{k_2}\) \((k_1\neq k_2)\) verknüpft, so gibt es eine vierte Biegungsfläche \(S'\) derselben Fläche \(Q\), die ihrerseits mit \(S_1\) und \(S_2\) durch die Transformationen \(B_{k_2}\) und \(B_{k_1}\) (also mit vertauschten Konstanten) verknüpft ist. -- Im Grunde handelt es sich bei allen diesen Untersuchungen um Eigenschaften von \(W\)-Kongruenzen, deren Brennflächen auf ein und dieselbe Fläche zweiter Ordnung abwickelbar sind. Indessen ist es nicht möglich, in dem hier zu Gebote stehenden Raum näher hierauf einzugehen, ebensowenig wie auf die zahlreichen schönen Einzelheiten, z. B. die neuen Formeln zur Transformation der pseudosphärischen Flächen und ihre geometrische Deutung. Jedenfalls sind dies alles Dinge, die jeder mit Genuß lesen wird, der sich für Fragen der DiSfferentialgeometrie interessiert, zumal es sich um Problemstellungen handelt, die mannigfache neue und weite Ausblicke öffnen. Die Übersetzung liest sich im ganzen vortrefflich; nur ganz wenige Unebenheiten (z. B. Vielheit statt Mannigfaltigkeit) laufen gelegentlich unter.
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