Über die erste Aufnahme der \textit{Leibniz}schen Differentialrechnung. (Q1491217)

Am Anfange der \textit{Leibniz}schen Abhandlung ``Nova methodus pro maximis et minimis'' (Acta eruditorum 1684) finden sich einige sehr sinnstörende Druckfehler, und da die Abhandlung auch sonst schwer verständlich ist, kann man im voraus annehmen, daß die Kenntnis ihres Inhaltes nicht sehr schnell unter den Fachgenossen verbreitet wurde. Anderseits hat \textit{M. Cantor} im zweiten Bande seiner Vorlesungen über Geschichte der Mathematik ausdrücklich behauptet, daß die Abhandlung rasch bekannt wurde, und als Beleg auf zwei im Jahre 1685 erschienene Schriften hingewiesen, von denen die eine \textit{Wallis}, die andere \textit{Craig} zum Verfasser hat. In der ersten Schrift kann man nach \textit{Cantor} \textit{Leibniz}sche Gedanken wiederfinden, die zweite Schrift gründet sich nach Cantor vollständig auf die \textit{Leibniz}sche Differentialrechnung. In seinem Artikel untersucht \textit{Eneström} die Zuverlässigkeit der \textit{Cantor}schen Behauptungen und weist zuerst nach, teils daß \textit{Wallis} kaum die \textit{Leibniz}sche Abhandlung gesehen haben \textit{konnte}, bevor er seine Schrift veröffentlichte, teils daß \textit{Wallis} nach seiner eigenen Aussage die fragliche Abhandlung noch 1696 nicht gelesen hatte. In betreff der Schrift \textit{Craig}s weist \textit{Eneström} nach, daß sie sich gar nicht auf die \textit{Leibniz}sche Differentialrechnung gründet, sondern nur im Vorübergehen auf diese Bezug nimmt, und zwar auf eine Weise, die höchst wahrscheinlich macht, daß \textit{Craig} die Tragweite der \textit{Leibniz}schen Entdeckung gar nicht verstanden hat. Auch die übrigen Fach- und Zeitgenossen von \textit{Leibniz} nahmen anfangs von seiner epochemachenden Abhandlung keine Kenntnis, und erst gegen 1690 begannen die Mathematiker sich mit der neuen Methode zu beschäftigen, nachdem nachgewiesen worden war, daß man dadurch gewisse schwierige mathematische, mechanische und physikalische Probleme leicht lösen konnte.