Über die Bedeutung historischer Hypothesen für die mathematische Geschichtsschreibung. (Q1498083)

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Über die Bedeutung historischer Hypothesen für die mathematische Geschichtsschreibung.
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    Über die Bedeutung historischer Hypothesen für die mathematische Geschichtsschreibung. (English)
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    1905
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    Der Verf. bemerkt zuerst, daß\ in der mathematischen Geschichtsschreibung Hypothesen eigentlich in viel größerer Anzahl benutzt werden, als man anzunehmen geneigt ist, weil man in der Tat, sobald man ohne weiteres eine Notiz aus zweiter Hand entnimmt, die Hypothese macht, daß\ die Quelle zuverlässig ist. Ein kritischer Forscher versucht natürlich, soviel als möglich Hypothesen der fraglichen Art. zu vermeiden; aber nicht selten ist dies unmöglich, und der Verf. erläutert an einem Beispiel, wie schwierig es ist, zu entscheiden, ob man in einem gewissen Falle die aus zweiter Hand entnommene Notiz ausdrücklich als bisher unbestätigt bezeichnen soll oder nicht. Dann werden die eigentlichen Hypothesen in Betracht gezogen, d. h. die Annahmen, die man macht, um eine Reihe von Tatsachen für einen gewissen Zweck zu ordnen oder zu ergänzen. Ohne solche Hypothesen ist es oft nicht einmal möglich, eine chronologisch geordnete Aufzählung der mathematischen Entdeckungen zu geben, und für eine Entwickelungsgeschichte der Mathematik sind sie durchaus notwendig. Schon aus diesem Grunde ist die Anwendung von Hypothesen auf dem mathematisch-historischen Gebiete berechtigt, und der Verf. lenkt die Aufmerksamkeit darauf, daß\ sie zuweilen nützlich sein können auch in solchen Fällen, in denen sie nicht notwendig sind. Hierauf geht der Verf. zu der Frage über, unter welchen Bedingungen Hypothesen berechtigt sind, und hebt als solche Bedingungen in erster Linie hervor, daß\ jede Hypothese ausdrücklich als solche bezeichnet und erst nach eingehendem Studium der Tatsachen, um deren Erklärung es sich handelt, aufgestellt wird; er zeigt dann an Beispielen, daß\ auch die von hervorragenden Fachgenossen herrührenden Hypothesen nicht immer diesen anscheinend selbstverständlichen Bedingungen genügen. Ferner betont er, daß\ Hypothesen unter allen Umständen mit Vorsicht und Sparsamkeit benutzt werden sollen, und macht auf die Übelstände aufmerksam, die eine allzu häufige Anwendung von Hypothesen mit sich führen kann, nicht nur für eine gewisse mathematisch-historische Arbeit, sondern auch für die künftige wissenschaftliche Wirksamkeit des Verf. dieser Arbeit. Besonders warnt er vor allgemeinen Hypothesen, z. B. solchen, die vom kulturhistorischen Gesichtspunkte aus aufgestellt werden.
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