Eine neue Methode in der Invariantentheorie der Differentialgleichungen. (Q1500881)

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Eine neue Methode in der Invariantentheorie der Differentialgleichungen.
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    Eine neue Methode in der Invariantentheorie der Differentialgleichungen. (English)
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    1905
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    In einem Raume \(R_n(n>2)\) sei eine Kurvenschar mit \(n+m\) \((m \geqq 0)\) wesentlichen Parametern \(c\) gegeben: \[ x_k= f_k(x_1, c_1, \dots, c_{n+m})\;(k=2, 3,\dots, n), \] so daß\ durch jeden Punkt des Raumes \(\infty^{m+1}\) Kurven der Schar gehen. Man bilde die Gleichungen \(\sum_1^{n+m}{}_\nu \frac{\partial f_k}{\partial c_\nu} dc_\nu=0\) und denke sich \(x_1\) eliminiert, so erhält man die \(n-2\) \textit{Monge}schen Gleichungen \[ \varOmega_\mu (c_1, \dots, c_{n+m}, dc_1: . .: dc_{n+m})=0\;(\mu=1, \dots, n-2), \] als die ``Schnittbedingungen'' der Kurvenschar, d. h. als die Bedingungen, unter denen zwei benachbarte Kurven \(c_\nu\) und \(c_\nu+dc_\nu\) einander schneiden. Entsprechend könnte man weitergehen zu einem System von \textit{Monge}schen Gleichungen, die aussagen, daß\ sich zwei benachbarte Kurven der Schar in der ersten Ordnung berühren, usf. Aber diese höheren Bedingungen sind doch nur wieder ein besonderer Fall von Schnittbedingungen für gewisse besondere Kurvenscharen eines geeignet hohen Raumes, so daß\ man sich auf die ersteren beschränken kann. Das System \(\varOmega_\mu =0\) hat bei \textit{Lie} von jeher eine große Rolle gespielt, insbesondere in den Fällen \(n=3\), \(m=0\) und \(n\) beliebig, \(m=0, 1\). Das \textit{Monge}sche System \(\varOmega_\mu=0\) steht zur gegebenen Kurvenschar in einer gegenüber allen Punkttransformationen des \(R_n\) invarianten Beziehung. Dabei ist aber zu beachten, daß\ alle Systeme \(\varOmega_\mu=0\) gleichberechtigt sind, die durch beliebige Transformationen der Parameter \(c\) entstehen. Umgekehrt braucht keineswegs jedes System von \(n-2\) \textit{Monge}schen Gleichungen in \(n+m\) Veränderlichen \(c\) die Schnittbedingungen einer Schar von \(\infty^{n+m}\) Kurven des \(R_n\) darzustellen; man wird also nach den Bedingungen hierfür fragen, und wenn sie erfüllt sind, nach den zugehörigen Kurvenscharen. Der Inbegriff aller Systeme \(\varOmega_\mu=0\), die in den \(dc_\nu\) algebraisch sind, bleibt für sich bei allen Transformationen der \(c_\nu\) invariant, und dasselbe gilt, wenn unter den Gleichungen \(\varOmega_\mu=0\) gerade \(l<n-2\) voneinander unabhängige, in den \(dc_\nu\) algebraische enthalten sind, und unter solchen Systemen \(\varOmega_\mu=0\) gibt es sicher unbegrenzt viele, die Schnittbedingungen darstellen. Damit ergibt sich eine naturgemäße Klassifikation der Scharen von \(\infty^{n+m}\) Kurven des \(R_n\), unter deren Schnittbedingungen solche vorkommen, die in den \(dc_\nu\) algebraisch sind, wo nur noch dahingestellt bleibt, welche unter den einzelnen Klassen wirklich durch Kurvenscharen vertreten sind. Eine erste Klasse würden alle die Scharen bilden, bei denen sämtliche Schnittbedingungen \textit{Pfaff}sche Gleichungen sind, eine andere Klasse alle die, bei denen das System gerade \(l<n-2\) unabhängige \textit{Pfaff}sche Gleichungen enthält; eine weitere Klasse, wenn unter den Schnittbedingungen eine bestimmte Anzahl solcher linear unabhängigen Gleichungen vorkommen, die in den Differentialen vom zweiten Grade sind, usf. Es handelt sich dann wiederum darum, für eine bestimmte dieser Klassen zu entscheiden, ob es Kurvenscharen gibt, die ihr angehören, und wenn das der Fall, wie sich die ihr angehörigen Kurvenscharen bestimmen lassen. Der Verf. entwickelt eine allgemeine Methode, die zu entscheiden gestattet, ob es Scharen von \(\infty^{n+m}\) Kurven des \(R_n\) gibt, unter deren Schnittbedingungen eine beliebige vorgeschriebene Zahl von \textit{Pfaff}schen Gleichungen, von \textit{Monge}schen Gleichungen zweiten, dritten Grades usf. vorkommen, und wie diese zu bestimmen sind. Man wird zu dem Behuf für die Kurvenschar eine Darstellung wählen, die von der Wahl der Parameter \(c\) unabhängig ist, d. h. man denke sich die Kurvenschar nicht durch ihre endlichen Gleichungen definiert, sondern durch das System von gewöhnlichen Differentialgleichungen, deren allgemeinste Lösungen die endlichen Gleichungen darstellen. Die aufgeworfene Frage läßt sich in jedem einzelnen Falle ohne Integration, durch bloße Differentiationen und Eliminationen entscheiden, und sind die betreffenden Kriterien erfüllt, so lassen sich auch die zugehörigen \textit{Pfaff}schen und \textit{Monge}schen Gleichungen ohne Integration aufstellen, wenn man die Parameter der Kurvenschar passend wählt. Die neue Methode des Verf. beruht auf einem einfachen Satze aus der Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen. Seien \(x_1, \dots, x_n\) als Funktionen von \(x\) bestimmt durch ein System solcher Differentialgleichungen erster Ordnung \(\frac{dx_i}{dx}= \xi_i (x, x_1, \dots, x_n)\), wo die \(\xi\) in einem gewissen Gebiete in gewöhnliche Potenzreihen entwickelbar sind. Die allgemeinen Lösungen jenes Systems mit \(n\) wesentlichen Konstanten \(c\) haben die Form \(x_i=\varphi_i(x, c_1, \dots, c_n)\). Nun sind die nach den \(c\) genommenen Ableitungen der unbekannten Funktionen \(x_i=\varphi_i\) Lösungen gewisser linearer homogener Differentialgleichungen erster Ordnung, nämlich \[ \frac d{dx}\;\frac{\partial x_i}{\partial c_\mu} \,\sum_\nu^{1, \dots, n}\, \frac{\partial \xi_i}{\partial x_\nu}\;\frac{\partial x_\nu}{\partial c_\nu}. \] Diese, zusammen mit dem ursprünglichen System, lassen sich auffassen als ein Gesamtsystem, das die \(x_i\) und ihre Ableitungen nach den \(c_\mu\) als Funktionen von \(x\) bestimmt. -- Enthalten übrigens bereits die \(\xi_i\) eine Anzahl \(r\) von Parametern \(\lambda_1, \dots, \lambda_r\), so genügen auch die \(\frac{\partial x_i}{\partial \lambda_k}\) linearen Differentialgleichungen, nämlich \[ \frac d{dx}\;\frac{\partial x_i}{\partial \lambda_k}= \frac{\partial \xi_i}{\partial \lambda_k} + \sum_\nu\;\frac{\partial \xi_i}{\partial x_\nu}\;\frac{\partial x_\nu}{\partial \lambda_k}\,.\;{\text{--}} \] Bezeichnet jetzt \(\delta x_i\) den Zuwachs, den \(x_i\) bei unendlich kleiner Änderung der \(c_\mu\) erhält, so lassen sich die obigen \(n^2\) linearen Differentialgleichungen zusammenfassen in die \(n\) folgenden: \[ \frac d{dx}\;\delta x_i= \delta \xi_i= \sum_\nu\;\frac{\partial \xi_i}{\partial x_\nu}\;\delta x_\nu, \] die ihre Form beibehalten, wenn man an Stelle der \(c\) irgend \(n\) neue willkürliche Konstanten einführt. Hierbei kann zwischen den \(n\) Größen \(\delta x_i\) keine homogene Relation von der Gestalt \(\chi (x, c_1, \dots, c_n, \delta x_1: \dots :\delta x_n)=0\) bestehen. Jene \(n\) Gleichungen in den \(\delta x_1\) hat schon \textit{Poincaré} in seiner Mécanique céleste verwendet, doch zu ganz anderen Zwecken. Was die obigen Differentialgleichungen in den \(\frac{\partial x_i}{\partial c_\mu}\) und den \(\delta x_i\) so bemerkenswert macht, ist ihre lineare Form, und man könnte sie unmittelbar für die wichtige Frage verwenden: Wie muß\ das simultane System \(\frac{dx_i}{dx}=\xi_i (x,x_1, \dots, x_n)\) beschaffen sein, damit seine Lösungen in einer bestimmten vorgeschriebenen Weise von den Integrationskonstanten \(c_i\) abhängen? Der Verf. beschränkt sich indessen auf den in Rede stehenden Fall, daß\ das System \(\frac{dx_i}{dx}= \xi_i\) eine Kurvenschar in einem \(R_\nu (\nu \leqq n)\) definiert, und zeigt, daß\ die Gleichungen für die \(\frac{\partial x_i}{\partial c_\mu}\), insbesondere bei Einführung geeigneter Anfangskonstanten, gerade erlauben, die im Eingange formulierte Frage zu beantworten.
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