Zur Theorie der Serienspektren. (Q1506047)

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Zur Theorie der Serienspektren.
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    Zur Theorie der Serienspektren. (English)
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    1903
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    Der Verf. macht den Versuch, die merkwürdigen Gesetze, die in vielen Linienspektren entdeckt sind, zu erklären, und zwar faßt er seine Aufgabe folgendermaßen: ``Unter möglichster Anlehnung an Mechanik und Elektrodynamik sollen physikalisch anschauliche mathematische Operationen angegeben werden, deren Interpretation durch die Schwingungen eines geeigneten Modells für diese auf die Gesetze der Serienspektren führen; die Theorie soll gestatten, die empirischen Formeln zu verbessern unter einheitlichem Gesichtspunkt zu ordnen und neue Gesetze aufzudecken.'' Die Grundanschauung ist, daß\ die Linienspektra ihren Ursprung den Eigenschwingungen zweidimensionaler Gebilde verdanken, und zwar wird für dieses Gebilde durchweg ein Quadrat angenommen. Auf diese Annahme führt ein Vergleich der \textit{Balmer}schen empirischen Formel für die Wellenzahl (d. i. die Anzahl der Wellenlängen auf 1 ein): \[ \pm \nu = N \left( \frac{1}{n^2} - \frac{1}{m^2} \right), \] mit der Formel für die Schwingungszahl einer transversal schwingenden Membran: \[ p^2=b(m^2+n^2). \] (In beiden Formeln sind \(m\) und \(n\) ganze Zahlen, \(N\) und \(b\) Konstanten.) Zur Beschreibung der Eigenschwingungen des Quadrats diene eine Größe \(w\), die man als normal zur Ebene des Quadrats annehmen kann. Die Differentialgleichung, der \(w\) genügt, gewinnt der Verf. aus dem \textit{Hamilton}schen Prinzip, daß \[ \int_{t_0}^{t_1} dt \iint do \left[ \tfrac 12 \varrho \left(\frac{\partial w}{\partial t} \right)^2 - \varPhi^2 \right] \] ein Minimum werden soll. Darin sind \[ \iint \tfrac 12 \varrho \left(\frac{\partial w}{\partial t} \right)^2 do \quad \text{und}\quad \iint \varPhi^2 do \] die kinetische und die potentielle Energie des Systems. Der Ausdruck für die potentielle Energie eines Flächenelements ist, analog wie in der \textit{Maxwell}schen Theorie, proportional dem Quadrat der Größe \(\varPhi\) die ihrerseits als ``Wirkung'' im Punkte \(x\), \(y\) angesehen wird und auf einer Art von Fernwirkung beruhen soll. Für \(\varPhi\) wird versuchsweise der Ansatz gemacht \[ \varPhi=v \iint XY \nabla' wdo', \] wo \[ X=|x-x'|- \frac{|x-x'|^2}{2a}\,, \] \[ Y=|y-y'|- \frac{|y-y'|^2}{2a}\,, \] \[ \nabla' w = \frac{\partial^2w}{\partial x'{}^2}-\frac{\partial^2w}{\partial y'{}^2} \] ist, und zwar sind die Koordinaten \(x\), \(y\) auf den Mittelpunkt des Quadrats als Anfangspunkt bezogen, die Achsen \(x\), \(y\) sind den Seiten des Quadrats parallel, \(2a\) ist die Seitenlänge, \(\varrho\) die Dichtigkeit. Als Folgerung aus diesem Ansatz findet der Verf. für \(w\) die Gleichung: \[ \text{(II)}\qquad \varrho\;\frac{\partial^{10}w}{\partial t^2 \partial x^4 \partial y^4} + 32 v^2\, \nabla \nabla w=0, \] wo \[ \nabla f=\frac{\partial^2f}{\partial x^2}-\frac{\partial^2f}{\partial y^2} \] ist, mit den Randbedingungen: \[ \frac{\partial \overline{w}}{\partial n}=0,\quad \int_{-a}^{+a} wdx=0,\quad \int_{-a}^{+a}wdy=0,\quad \frac{\partial \overline{\psi}}{\partial n}=0, \] wobei \[ \psi=\iint \varPhi XY do' \] gesetzt ist. Die Rechnung, mittels welcher Gleichung (II) nebst den Randbedingungen aus dem \textit{Hamilton}schen Prinzip abgeleitet wird, teilt der Verf. im vorliegenden Aufsatz nicht mit; er verweist hinsichtlich derselben auf seine Dissertation (Göttingen 1903). Die einzige, Eigenschwingungen entsprechende Lösung von (II), die den Randbedingungen genügt, ist \[ w=A \sin(\nu t+c) \cos\, \frac{m \pi x}{a}\, \cos\,\frac{n \pi y}{a}\,, \] wo \(m\) und \(n\) ganze Zahlen sind, während \[ \nu=\pm\sqrt{\frac{32}{\varrho}}\;v\;\frac{a^2}{\pi^2}\left(\frac{1}{m^2}-\frac{1}{n^2}\right) \] ist. Die Schwingungszahlen des angenommenen Quadrats entsprechen also genau der verallgemeinerten \textit{Balmer}schen Formel für die Wasserstoffserie. Um auf die zweite Nebenserie für Wasserstoff zu kommen, für die \[ \pm \nu = N \left[ \frac{1}{(m+\frac 12)^2} - \frac{1}{n^2} \right] \] ist, muß\ man den Ansatz für \(\varPhi\) etwas ändern und die potentielle Energie eines Flächenelements proportional \(\frac{\partial^2 \varPhi}{\partial x \partial y}\) annehmen. Auch für andere Elemente wird die Gleichung (II) als Grundgleichung genommen, während für \(\varPhi\) wiederum ein anderer Ansatz gewählt worden muß. \(\varPhi\) wird hier dadurch definiert, daß\ es einer der Gleichungen genügt: \[ \frac{\partial^4 \varPhi}{\partial x^2 \partial y^2}= 4v \nabla w \] oder \[ \frac{\partial^4 \varPhi}{\partial x^2 \partial y^2} = 4vw. \] Während also die Gleichung (II) die gemeinsame Grundgleichung ist, sind die Bedingungen, denen die Schwingung unterworfen ist und die das Integral von (II) erst völlig bestimmen, von Element zu Element verschieden. Es werden einige Folgerungen aus diesen Ansätzen ohne Ableitung mitgeteilt und auf spezielle Beobachtungen angewandt. Das Resultat dieser letzteren Untersuchungen wird folgendermaßen zusammengefaßt: ``Der Versuch, die im ersten Teil dieser Arbeit gegebene Theorie des Wasserstoffspektrums auf andere Elemente auszudehnen, führt also zu einer bemerkenswerten Übereinstimmung mit der Erfahrung. Die aus der Theorie sich ergebende Formel übertrifft wesentlich an Genauigkeit, besonders bei den niedrigen Ordnungszahlen, das bisher Erreichte. Ferner veranschaulicht die Theorie in sehr einfacher Weise die exakte Universalität des sogenannten zweiten Koeffizienten; sie fordert gewisse quantitative Beziehungen zwischen verschiedenen Serien, endlich macht sie die qualitative Identität des \textit{Zeeman}effektes der Linien einer Serie und der Linien der Hauptserie und zweiten Nebenserie verständlich. All diese Forderungen sind in Übereinstimmung mit der Erfahrung. Darüber hinaus zeigen die Koeffizienten der Formeln noch verschiedene einfache Beziehungen, daß\ z. B. die bisher unbekannte zweite Nebenserie von Cs gefunden werden konnte. Wenn diese Resultate nun auch für die Fruchtbarkeit der Grundannahme der Theorie sprechen, so zeigen doch die gegebenen Entwicklungen selbst, daß\ die über die allgemeine mathematische Grundlage hinausgehenden speziellen Ansätze und Deutungen noch sehr willkürlich sind, wie ja die Natur des Problems es beim jetzigen Stand unserer Kenntnisse bedingt. Mein Bestreben war, die zunächst allein zugängliche mathematische Seite des Vorganges dem Verständnis näher zu bringen.''
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