Über Integralinvarianten und Differentialgleichungen. (Q1507239)

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Über Integralinvarianten und Differentialgleichungen.
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    Über Integralinvarianten und Differentialgleichungen. (English)
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    1902
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    Diese aus dem Nachlasse \textit{Lie}s stammende Arbeit ist die Fortsetzung zweier früheren (F. d. M. 28, 105 und 106, 1897, JFM 28.0105.01 und JFM 28.0106.01) und ist von \textit{Guldberg} und \textit{Störmer} herausgegeben und mit erläuternden Anmerkungen versehen worden. Man denke sich allgemein, daß\ man die Invarianten \(u (x_1, \dots, x_n)\) einer vorgelegten \(r\)-gliedrigen Gruppe \(X_1f, \dots, X_rf\) (in \(n\) Variabeln) finden will, und daß\ man zufälligerweise eine oder mehrere Integralinvarianten dieser \(r\)-gliedrigen Grappe von vornherein kennt. Welchen Vorteil kann man hieraus für die Integration des Gleichungssystems \[ X_1 f = 0, \dots , X_r f = 0 \] ziehen? Von diesem Problem wird in der vorliegenden Abhandlung ein spezieller, immerhin aber umfassender und instruktiver Fall erledigt. Im vierfachen Raume \((x_1 x_2 x_3 x_4)\) liegen zwei vertauschbare infinitesimale Transformationen \[ X_k f=\xi_{k 1}\;\frac {\partial f}{\partial x_1} + \xi_{k 2}\;\frac {\partial f}{\partial x_2} +\xi_{k 3}\;\frac {\partial f}{\partial x_3} +\xi_{k 4}\;\frac {\partial f}{\partial x_4} \quad (k = 1, 2) \] mit verschiedenen Bahnkurven vor. Man kenne eine zweidimensionale Integralinvariante \( \int \psi dx_1 dx_2, \) wo \(\psi\) von der Form ist: \[ \begin{aligned} \psi & = A\;\frac {\partial x_3}{\partial x_1} + B\;\frac{\partial x_3}{\partial x_2} + C\;\frac {\partial x_4}{\partial x_1} + D\;\frac {\partial x_4}{\partial x_2}\\ & + E \left( \frac {\partial x_3}{\partial x_1} \frac {\partial x_4}{\partial x_2} - \frac {\partial x_3}{\partial x_2} \frac {\partial x_4}{\partial x_1} \right) + F,\end{aligned} \] deren Koeffizienten \(A, B, \dots, F\) beliebige Funktionen der \(x_1, x_2, x_3, x_4\) sein können. Es soll das Vorhandensein dieser Integralinvariante bei der Integration des vollständigen Systems \( X_1 f = 0\), \(X_2 f = 0 \) so viel wie möglich verwertet werden. Zunächst wird bewiesen, daß\ alle diese Probleme in dem Sinne eine natürliche Familie bilden, daß\ der Inbegriff dieser Probleme bei jeder Koordinatentransformation des Raumes \((x_1 x_2 x_3 x_4)\) invariant bleibt. In der Tat zeigt eine einfache Rechnung, daß\ jedes der fünf Argumente von \(\psi\), gebildet in den neuen Variabeln und noch multipliziert mit der Funktionaldeterminante \(\varDelta\) (bez. \(x_1, x_2), \) sich linear durch die fünf alten Argumente, multipliziert mit Funktionen der \(x,\) ausdrückt. Hierbei, wie auch für das folgende, erweist sich eine geometrische Deutung jener fünf Argumente als nützlich. Durch einen Punkt des vierfachen Raumes \((x_1 x_2 x_3 x_4)\) gehen \(\infty^3\), Linienelemente \[ dx_1 : dx_2 : dx_3 : dx_4, \] die ihrerseits einen dreidimensionalen ebenen Raum \(M_3\) bilden, für den eben jene Differentiale homogene Punktkoordinaten sind. Dann sind \[ \frac {\partial x_4}{\partial x_1},\quad \frac {\partial x_4}{\partial x_2},\quad \frac {\partial x_4}{\partial x_3} \] als Ebenenkoordinaten und \(\frac {\partial x_3}{\partial x_1}, \frac {\partial x_3}{\partial x_2}, \frac {\partial x_4}{\partial x_1}, \frac {\partial x_4}{\partial x_2}\) als Linienkoordinaten des \(M_3\), zu betrachten; letzteren kann man mit \textit{Plücker} noch \[ \frac {\partial x_3}{\partial x_1}\;\frac {\partial x_4}{\partial x_2} - \frac {\partial x_3}{\partial x_2}\;\frac {\partial x_4}{\partial x_1} \] als fünfte Linienkoordinate hinzufügen. Diese fünf Linienkoordinaten des \(M_3\), werden also bei jeder Punkttransformation des Raumes \((x_1 x_2 x_3 x_4)\) projektiv transformiert, wie übrigens a priori einzusehen. Es wird nunmehr die allgemeinste Transformation \[ x_k' = F_k (x_1, x_2, x_3, x_4)\quad (k = 1,\dots , 4) \] gesucht, die sowohl die Form der beiden infinitesimalen Transformationen \(X_1f\) und \(X_2 f\), wie die Form der bekannten Integralinvariante \[ \smallint \psi dx_1 dx_2 \] bewahrt. Diese Transformationen bilden eine Gruppe \(G\), und diese Gruppe \(G\) beherrscht das oben gestellte Problem der Abhandlung. Die Gruppe \(G\) kann viele wesentlich verschiedene Formen haben, die in kanonischer Gestalt ermittelt werden. Man führe statt \(x_1, \dots, x_4\) vier neue Variabeln \(x, y, z_1, z_2,\) so ein, daß\ \(X_1f\) und \(X_2 f\) die kanonischen Formen \(z_1 \,\frac {\partial f}{\partial z_1}\), \(z_2\, \frac {\partial f}{\partial z_2}\) annehmen. Setzt man \(\frac {\partial z_1}{\partial x} = p_1\), \(\frac {\partial z_1}{\partial y} = q_1\), \(\frac {\partial z_2}{\partial x} = p_2\), \(\frac {\partial z_2}{\partial y} = q_2,\) so nimmt das Integral \(\int \psi dx_1 dx_2 \) die Gestalt an: \[ \int \left\{ \frac {A_1 p_1 + B_1 q_1}{z_1} + \frac {A_2 p_2 + B_2 q_2}{z_2} + \frac {C(p_1 q_2 - p_2q_1)}{z_1 z_2} + D \right\} dxdy \] \[ = \smallint \varPsi dx dy, \] wo \(A_1, B_l, A_2, B_2, C, D\) beliebige Funktionen von \(x\) und \(y\) sind. Soll nun eine infinitesimale Transformation \(Uf\) die Form von \(X_1f\) und \(X_2 f\), invariant lassen, so muß\ \(Uf\) mit \(X_1f\) und \(X_2 f\), vertauschbar sein. Das führt zu sechs Bedingungsgleichungen, von denen eine aussagt, daß\ \(C\) gegenüber \(Uf\) invariant bleibt. Es ist aber weiterhin ein wesentlicher Unterschied, ob \(C\) eine Konstante ist, oder eine wirkliche Funktion von \(x\) und \(y\). Überdies soll nunmehr \(Uf\) auch die Form des Integrals \( \smallint \varPsi dx dy \) unverändert lassen. In den bezüglichen Bedingungen spielt die Größe \(w = CD + A_1 B_2 - A_2 B_1\) eine hervortretende Rolle: die Gleichung \(w = 0\) verhält sich bei jeder Punktransformation des Raumes \((x, y, z_1, z_2)\) invariant; was wiederum geometrisch leicht einzusehen ist. Im Falle, daß\ \(C\) eine Konstante ist, ergibt sich durch einfache Betrachtungen, daß\ jede der drei Größen: \[ w, \quad \varrho = \frac {\partial A_1}{\partial x} + \frac {\partial B_1}{\partial y}, \quad \sigma = \frac {\partial A_2}{\partial x} + \frac {\partial B_2}{\partial y} \] einen gemeinsamen Multiplikator aller transformierten Ausdrücke \(\overline U f\) darstellt. Eine genauere Untersuchung erfordert der Spezialfall, daß\ die Konstante \(C\) den wert Null besitzt. In allen Fällen aber läßt sich die Bestimmung von \(Uf\) auf gewisse lineare partielle Differentialgleichungen zurückführen. Endlich wird auch der allgemeinere Fall erledigt, daß\ \(C\) keine Konstante ist. Hier wie oben ist eine beträchtliche Zahl von Unterfällen zu unterscheiden. Abgesehen von wenigen Fällen, gestattet das Vorhandensein der bekannten Integralinvariante stets, das Integrationsgeschäft wesentlich zu vereinfachen. Der von Lie eingangs seiner Abhandlung angekündigte zweite Teil, in dem das oben angegebene Problem allgemein behandelt werden sollte, liegt nicht vor.
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