Zur Theorie der Absorption des Lichtes in Krystallen. (Q1544554)

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Zur Theorie der Absorption des Lichtes in Krystallen.
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    Zur Theorie der Absorption des Lichtes in Krystallen. (English)
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    1884
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    Herr Voigt dehnt in den beiden vorliegenden Arbeiten (siehe auch JFM 16.0899.01) seine ``Theorie des Lichtes für vollkommen durchsichtige Media'' (cf. F. d. M. XV. 1883, 900, JFM 15.0900.01) auf solche Absorptionsvorgänge aus, bei denen die Bewegungen der ponderablen Molecüle verschwindend klein sind. Wurden in jener Arbeit nur solche Kräfte zwischen dem Lichtäther und den ponderablen Teilchen angenommen, die mit dem Princip der Energie vereinbar waren (es ergaben sich dabei acht Gattungen von Kräften), so wird hier gefragt: welcherlei Wechselwirkungen zwischen Aether und Materie ergeben unter allen Umständen einen Verlust an Energie\(?\) Wird für die Componenten einer solchen Wirkung dieselbe Form angenommen, wie in der früheren Arbeit, d. h. sind jene Componenten durch die Ausdrücke \[ A-\left( \frac{\partial A_x}{\partial x} + \frac{\partial A_y}{\partial y} + \frac{\partial A_z}{\partial z} \right), \text{ resp. } B-\left( \frac{\partial B_x}{\partial x} + \frac{\partial B_y}{\partial y} + \frac{ \partial B_z}{\partial z} \right) , \] \[ C-\left( \frac{\partial C_x}{\partial x} + \frac{\partial C_y}{\partial y} + \frac{\partial C_z}{\partial z} \right) \] dargestellt, so müssen, damit ein Verlust an Energie eintritt, die Ausdrücke \[ \begin{aligned} \psi_1 & = A\;\frac{\partial u}{\partial t} + B\;\frac{\partial v}{\partial t} + \frac{\partial w}{\partial t},\\ \psi_2 & = A_x\;\frac{\partial^2 u}{\partial t \partial x} + A_y\;\frac{\partial^2u}{\partial t \partial y} + A_z\;\frac{\partial^2 u}{\partial t \partial z}\\ & + B_x\;\frac{\partial^2 v}{\partial t \partial x} + B_y\;\frac{\partial^2 v}{\partial t \partial y} + B_z\;\frac{\partial^2 v}{\partial t \partial z}\\ & + C_x\;\frac{\partial^2 w}{\partial t \partial x} + C_y\;\frac{\partial^2 w}{\partial t \partial y} + C_z\;\frac{\partial^2 w}{\partial t \partial z} \end{aligned} \] stets negativ sein. Daraus folgt für isotrope Medien \[ (1) \quad A= -b\;\frac{\partial u}{\partial t}, \quad B=-b\;\frac{\partial v}{\partial t}, \quad C=-b\;\frac{\partial x}{\partial t}; \] \[ (2) \quad \begin{cases} A_x=B_y=C_z=0; \quad A_y=-B_x= -c\,\frac{\partial}{\partial t} \left( \frac{\partial u}{\partial y} - \frac{ \partial v}{\partial x} \right), \\ A_z=-C_x=-c\,\frac{\partial}{\partial t} \left( \frac{\partial u}{\partial z} - \frac{\partial w}{\partial x} \right), \\ B_z=-C_y=-c\,\frac{\partial}{\partial t} \left( \frac{\partial v}{\partial z} - \frac{\partial w}{\partial y} \right). \end{cases} \] Fügt man diese zwei neuen Gattungen von Kräften zu den in der früheren Arbeit betrachteten hinzu, so gelangt man, falls noch, wie schon oben erwähnt, die Schwingungen der ponderablen Molecüle als verschwindend klein vernachlässigt werden, zu drei Gleichungen von folgender Gestalt: \[ (3)\quad \begin{cases} (m+r_1)\frac{\partial^2u}{\partial t^2} \\ = (e+a_1)\varDelta u+a_1\varDelta \left( \frac{\partial^2 u}{\partial t^2} \right) - n_1u-b\,\frac{\partial u}{\partial t} + c\varDelta \left( \frac{\partial u}{\partial t} \right). \end{cases} \] Diese Gleichungen sind hinsichtlich der Absorptionskräfte specieller, als die von Wernicke (cf. F. d. M. VII. 1875. 638, JFM 07.0638.01) behandelten, aber doch die allgemeinsten, die man aus der Annahme erhält, dass stets ein Energieverlust beim Fortpflanzen einer beliebigen Bewegung im Innern eines Mediums stattfindet, nie eine Energievergrösserung. Den Gleichungen (3) wird durch Integrale von folgender Form genügt: \[ (4)\quad u=A.e^{\frac{-\beta_1z_1}{\tau \omega_1}} \sin \frac{1}{\tau} \left( t-\frac{\alpha_1x+\gamma_1z}{\omega_1} + \vartheta_x \right), \] zwischen deren Constanten gewisse Relationen stattfinden, die wir hier übergehen; übrigens lassen sich diese Relationen so deuten, dass sich in dem Medium ebene Wellen fortpflanzen, deren Fortpflanzungsgeschwindigkeit und Absorption von der Fortpflanzungsrichtung abhängen. Diese Grundformeln für die Lichtbewegung in isotropen absorbirenden Substanzen werden nun angewandt auf die Reflexion und Brechung des Lichts, das von einem nicht absorbirenden auf ein absorbirendes Medium fällt. Als Grenzbedingungen werden dabei dieselben Gleichungen angenommen, wie in der oben erwähnten Theorie des Lichts für vollkommen durchsichtige Medien. Die Anwendung des Kirchhoff'schen Princips auf das vorliegende Problem wird dadurch gerechtfertigt, dass der Energieverlust, der durch die Absorptionskräfte in einem unendlich niedrigen Element der Grenze stattfindet, als mit diesem unendlich klein werdend angesehen werden kann. Die Grenzbedingungen nehmen demnach, wenn \(z = 0\) die Grenzfläche, \(xz\) die Einfallsebene ist, und wenn sich die Indices \(e, r, 1\) auf die einfallende, reflectirte und gebrochene Welle beziehen, die Form an: \[ (5)\quad \begin{cases} v_e+v_r=v_1,\quad A\frac{\partial(v_e+v_r)}{\partial z} = A_1\frac{\partial v_1}{\partial z} + c\,\frac{\partial^2 v_1}{\partial z\partial t}, \\ \qquad u_e+u_r=u_1,\quad M(w_e+w_r)=M_1w_1, \\ \qquad A\left[ \left( \frac{\partial(u_e+u_r)}{\partial z} + \frac{\partial(w_e+w_r}{\partial x} \right) \frac{\partial(u_e+u_r)}{\partial t} \right. \\ \left. \qquad\qquad + 2\frac{\partial(w_e+w_r)}{\partial z} \frac{\partial(w_e+w_r)}{\partial t} \right] \\ \qquad =A_1 \left[ \left( \frac{\partial u_1}{\partial z} + \frac{\partial w_1}{\partial x} \right) \frac{\partial u_1}{\partial t} + 2 \frac{\partial w_1}{\partial z} \frac{\partial w_1}{\partial t} \right] \\ \qquad\qquad + c\,\frac{\partial u_1}{\partial t} \frac{\partial}{\partial t} \left( \frac{\partial u_1}{\partial z} - \frac{\partial w_1}{\partial x} \right). \end{cases} \] Die Grössen \(A, A_1, M, M_1 \) bezeichnet hier gewisse Constante. Zwischen den drei letzten Gleichungen (5) ergiebt sich nun ein Widerspruch, der nur verschwindet, wenn die obige Constante \(b = 0\) gesetzt wird. Uebrigens hat jene Constante auf die schliesslichen Resultate keinen wesentlichen Einfluss. Auf Grundlage der letzten Gleichungen wird das Problem der Reflexion vollständig gelöst. Die Resultate müssen wir hier übergehen, da sich dieselben nicht in Kürze wiedergeben lassen. Im Anschluss an die eben skizzirte theoretische Entwickelung wird ferner geprüft, ob die abgeleiteten Formeln Vorgänge darstellen, die in ähnlicher Weise an der Oberfläche irgend welcher Medien beobachtet sind. Es ergiebt sich dabei durch Vergleichung mit vorhandenen Beobachtungen, dass durch jene Formeln das optische Verhalten der Metalle mit grosser Genauigkeit dargestellt wird. In der Ausdehnung seiner Betrachtungen auf krystallinische Medien setzt Herr Voigt die Grössen \(A, B, C\), die für isotrope Medien durch die Gleichungen (1) bestimmt waren, gleich Null; es geschieht dies deshalb, weil die Grenzbedingungen schon bei unkrystallinischen Medien nur mit einander vereinbar waren, wenn diese Grössen verschwanden. Für die neun Grössen \(a_x,\dots,C_z\) wird gesetzt: \[ (6) \quad \left\{\begin{aligned} -A_x & =c_{11}\;\frac{\partial u'}{\partial x} + c_{12}\;\frac{\partial u'}{\partial y} + c_{13}\;\frac{\partial u'}{\partial z} \\ & + c_{14}\;\frac{\partial v'}{\partial x} + c_{15}\;\frac{\partial v'}{\partial y} + c_{16}\;\frac{\partial v'}{\partial z} \\ & + c_{17}\;\frac{\partial w'}{\partial x} + c_{18}\;\frac{\partial w'}{\partial y} + c_{19}\;\frac{\partial w'}{\partial z} \end{aligned}\right. \] u. s. w. Dabei ist \(u' = \frac{\partial u}{\partial t}\) u. s. w. Die 81 damit in \(\psi_2\) eingeführten Constanten reduciren sich zunächst auf 21 durch die Bedingung, dass der betrachtete Krystall dreifach symmetrisch ist, eine Beschränkung, die in der Krystalloptik stets gemacht wird. Eine weitere Vereinfachung wird durch die Annahme erreicht, dass \[ c_{hk}=c_{kh}; \] immerhin enthält diese Annahme eine willkürliche Specialisirung, die der Rechtfertigung durch die Beobachtungen bedarf. Die neu eingeführten, die Absorption bewirkenden Kräfte gewinnen damit dieselbe Form, in welcher die Energieerhaltenden Kräfte für dreifach symmetrische Krystalle in die Bewegungsgleichungen eingehen. Diese Gleichungen nehmen dadurch folgende Form an: \[ (7) \quad \begin{cases} \quad m\;\frac{\partial^2u}{\partial t^2} = B_{11}\;\frac{\partial^2u}{\partial x^2} + B_{12}\;\frac{\partial^2u}{\partial y^2}+ B_{13}\;\frac{\partial^2u}{\partial z^2} \\ + C_{11}\;\frac{\partial^3u}{\partial x^2\partial t} + C_{12}\;\frac{\partial^3u}{\partial y^2\partial t} + C_{13}\;\frac{\partial^3u}{\partial z^2\partial t} + \frac{\partial L}{\partial x}, \end{cases} \] wozu zwei analoge Gleichungen für \(v\) und \(w\) mit je sechs neuen Constanten und die Bedingungen der Incompressibilität kommen. Um eine Lösung der Gleichungen (7) zu erhalten, welche die Fortpflanzung ebener Wellen in einer durch \(\mu,\nu,\pi\) gegebenen Richtung darstellt, wird gesetzt \[ (8)\quad \begin{cases} u=M\varPhi+M'\tau\varPhi',\quad v=N\varPhi+N'\tau\varPhi',\quad w=P\varPhi+P'\tau\varPhi', \\ L=\frac{1}{\tau\omega} (Q\tau\varPhi'+Q'\varPhi), \end{cases} \] worin \[ (9)\quad \varrho=\mu x+\nu y+\pi z, \quad \varPhi=e^{-\frac{\kappa\varrho}{\tau\omega}} \sin \frac{1}{\tau} \left( t-\frac{\varrho}{\omega} \right), \quad \varPhi'=\frac{\partial \varPhi}{\partial t} \] ist. Damit die Ausdrücke (8) den Gleichungen (7) und der Incompressibilitätsbedingung genügen, müssen die acht Constanten \(M, M', N, N', P, P', Q, Q'\) acht linearen Gleichungen genügen, in denen aber nur die Verhältnisse dieser Constanten vorkommen. Nach Elimination der Constanten bleibt somit eine Gleichung zwischen \(\omega,\kappa\) einerseits und den Coefficienten \(B_{11}\) u. s. w. der Gleichungen (7) (den Constanten des Mediums) andrerseits übrig. Die Gleichung für \(\omega\) und \(\kappa\) zerfällt aber, da sie sich auf die Form bringen lässt, dass die Summe zweier Quadrate = 0, in zwei Gleichungen, so dass \(\omega\) und \(\kappa\) getrennt zu bestimmen sind. Es ergeben sich daraus im allgemeinen vier elliptisch polarisirte Wellen. Aber die so erhaltenen Formeln sind trotz der schon getroffenen Vereinfachungen noch zu allgemein; denn sie führen bei verschwindender Absorption auf ein complicirteres Gesetz für die Fortpflanzungsgeschwindigkeit \(\omega\) als das Fresnel'sche. Um auf letzteres zu gelangen, kann man, ähnlich wie Herr Voigt es früher für nicht absorbirende Krystalle gezeigt hat, zweierlei vereinfachende Verfügungen hinsichtlich der Constanten des Mediums treffen, deren eine der Fresnel'schen, die andere der Neumann'schen Grundanschauung entspricht. Die erstere erscheint als sehr willkürlich und nicht besonders wahrscheinlich, während die zweite zu keinen bedenklichen Folgerungen führt. Sie besteht darin, zu setzen \[ (10)\quad \begin{cases} B_{12}=B_{21}=B_3,\quad B_{23}=B_{32}=B_1,\quad B_{31}=B_{13}=B_2, \\ B_{11}=B_3+B_2-B_1,\quad B_{22}=B_1+B_3-B_2, \\ B_{33}=B_1+B_2-B_3, \end{cases} \] wozu ganz entsprechende Gleichungen für die \(C\) kommen. Die durch die Annahme (10) vereinfachten Gleichungen für \(\omega\) und \(\kappa\) werden zunächst auf optisch einaxige Krystalle angewandt. Hier ergiebt sich sofort, dass für den ordentlichen Strahl die Fortpflanzungsgeschwindigkeit \(\omega\) und der Absorptionscoefflcient \(\kappa\) constant sind. Für den ausserordentlichen Strahl dagegen gelten, wenn \(z\) die optische Axe, \(\mu,\nu,\pi\) die Richtungscosinus der Wellennormale, \(\mu_2+\nu_2=\sigma^2\) ist, die Gleichungen \[ J_1\pi^2+J_3\sigma^2=\omega^2,\quad H_1\pi^2+H_3\sigma^2 =0, \] wobei \(J_1,J_3,H_1,H_3\) gewisse Functionen zweiten Grades von \(\kappa\) sind. Mit Hülfe dieser Resultate und unter Hinzufügung gewisser Annahmen über das Grössenverhältnis der \(B, C\) wird das Verhalten einer aus einem einaxigen absorbirenden Krystall geschnittenen Platte im divergenten polarisirten Licht untersucht und mit der Erfahrung in Uebereinstimmung gefunden. Die Gleichungen für die Fortpflanzung und Absorption in zweiaxigen Krystallen werden sodann für die Fälle discutirt, wo sich das Licht parallel einer der drei Hauptaxen oder, etwas allgemeiner, in einer der drei Hauptebenen fortpfianzt. Im ersten dieser Fälle ergiebt sich, dass in den drei Hauptrichtungen der gleichen Geschwindigkeit auch die gleiche Absorption entspricht; d. h. diejenigen Wellen, welche bei zu einander senkrechter Fortpfianzungsrichtung auch zu einander senkrechte Schwingungen haben, werden gleich stark absorbirt, zeigen also die gleiche Farbe. Damit ist ein experimentelles Resultat, das zuerst von Haidinger und nach ihm von andern fälschlich gegen die Neumann'sche Definition der Polarisationsebene geltend gemacht ist, als mit dieser Definition durchaus verträglich streng aus der Theorie abgeleitet. Der allgemeine Fall der beliebigen Fortpflanzungsrichtung in zweiaxigen Krystallen wird nur angenähert behandelt. Vernachlässigt man die Glieder zweiter Ordnung in Bezug auf \(C\) und \(\kappa\), so ergiebt sich für \(\omega\) streng das Fresnel'sche Gesetz, das in der That auch durch die Beobachtungen an gefärbten Krystallen bestätigt ist. Hieran anschliessend wird noch die genäherte Formel für die Absorption \(\kappa\), resp. die Abhängigkeit dieser Grösse von der Richtung der Wellennormale discutirt, insbesondere für Richtungen in der Nähe der optischen Axen. Mit Hülfe der so gewonnenen Resultate werden dann die Erscheinungen erörtert, die eine senkrecht zu einer optischen Axe geschnittene Platte eines zweiaxigen Krystalls im polarisirten Lichte darbietet. Auch hier finden alle bekannten Erscheinungen des Polychroismus ihre Erklärung. Dies der wesentliche Inhalt der beiden Arbeiten, durch die der Kreis der Probleme, welche die theoretische Optik zu lösen im Stande ist, wesentlich erweitert wird. Allerdings sind die theoretisch möglichen Erscheinungen so umfassend, dass sie die beobachteten nur als specielle Fälle enthalten, zu denen man durch willkürliche Verfügung über die durch die Theorie unbestimmt gebliebenen Constanten hinabsteigt. Eine Beseitigung dieser Willkür würde zwar in einer Hinsicht eine Vervollkommnung der Theorie bedeuten, andrerseits aber die Sicherheit des Untergrundes beeinträchtigen.
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