Zusatz zur Arbeit ``Zur allgemeinen Theorie des Maßes''. (Q1835149)

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Zusatz zur Arbeit ``Zur allgemeinen Theorie des Maßes''.
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    Zusatz zur Arbeit ``Zur allgemeinen Theorie des Maßes''. (English)
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    1929
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    Durch Untersuchungen von \textit{Hausdorff}, \textit{Tarski} und \textit{Banach} ist bekannt, daß sich ein der Forderung der Additivität (bei endlichen Summen) genügendes allgemeines Maß zwar auf der Geraden und in der Ebene, aber nicht im drei- und mehrdimensionalen euklidischen Raum definieren läßt. Zur tieferen Begründung dieser Tatsachen untersucht Verf. die folgende Frage: \(\mathfrak M\) sei eine Menge, \(\mathfrak W\) eine Teilmenge von \(\mathfrak M\), und \(\mathfrak G\) eine Gruppe von eindeutigen Abbildungen von \(\mathfrak M\) auf sich. Die Funktion \(\mu\,(\mathfrak N)\), die jeder Teilmenge \(\mathfrak N\) von \(\mathfrak M\) eine nicht negative Zahl \(\mu\,(\mathfrak N)\) zuordnet, heißt ein \([\mathfrak M, \mathfrak W, \mathfrak G]\)-Maß, wenn sie folgenden drei Bedingungen genügt: (1) Für zwei elementenfremde Mengen \(\mathfrak N\) und \(\mathfrak P\) ist \[ \mu\,(\mathfrak N+\mathfrak P)=\mu\,(\mathfrak N)+\mu\,(\mathfrak P); \] (2) wenn \(\sigma\) eine Operation aus \(\mathfrak G\) ist, gilt \[ \mu\,(\mathfrak N)=\mu\,(\sigma\mathfrak N); \] (3) \(\mu\,(\mathfrak W)=1\). \newline Wie müssen \(\mathfrak M\), \(\mathfrak W\) und \(\mathfrak G\) beschaffen sein, damit ein [\(\mathfrak M\), \(\mathfrak W\), \(\mathfrak G\)]-Maß existiert? Jedes Element \(\sigma\) von \(\mathfrak G\) definiert eine eineindeutige Abbildung von \(\mathfrak G\) auf sich selbst, so daß es einen Sinn hat, bezüglich dieser Abbildungen nach der (nur von der Struktur von \(\mathfrak G\) abhängenden) Existenz eines [\(\mathfrak G\), \(\mathfrak G\), \(\mathfrak G\)]-Maßes zu fragen; Gruppen, für die ein [\(\mathfrak G\), \(\mathfrak G\), \(\mathfrak G\)]-Maß existiert, heißen meßbare Gruppen. Durch Weiterbildung der Banachschen Methoden gelangt Verf. zu folgenden Resultaten: (1) Jede abelsche Gruppe ist meßbar. (2) Wenn \(\mathfrak H\) ein meßbarer Normalteiler von \(\mathfrak G\) und \(\dfrac{\mathfrak G}{\mathfrak H}\) meßbar ist, so ist auch \(\mathfrak G\) meßbar (also sind alle auflösbaren Gruppen meßbar). (3) Die Vereinigungsmenge einer Menge meßbarer Gruppen, von denen jede noch in einer der übrigen Gruppen enthalten ist, ist meßbar. (4) Jede endliche Gruppe ist meßbar. Man hat nun zu untersuchen, wie die Meßbarkeit von \(\mathfrak G\) mit der Existenz eines [\(\mathfrak M\), \(\mathfrak W\), \(\mathfrak G\)]-Maßes zusammenhängt. Es erweist sich, daß das \textit{Hausdorff}sche Beispiel einer Dreiteilung der Kugel in Drittel, von denen jedes einerseits mit jedem ändern, andererseits mit der Summe der beiden ändern bei der Drehungsgruppe äquivalent ist, auf der Existenz einer freien Gruppe von zwei Erzeugenden als Untergruppe der Drehungsgruppe beruht. Durch sinngemäße Erweiterung des Begriffes der Zerlegungsgleichheit zur Zerlegungsgleichheit bezüglich der Gruppe \(\mathfrak G\) kommt Verf. nun zu einer analogen Bedingimg für die Nichtexistenz eines [\(\mathfrak M\), \(\mathfrak W\), \(\mathfrak G\)]-Maßes. Die Tatsache, daß ein allgemeines Maß auf der Geraden und in der Ebene, nicht aber in höherdimensionalen Räumen existiert, beruht demnach darauf, daß die einund zweidimensionalen Drehungsgruppen auflösbar sind, die orthogonalen Gruppen in mehrdimensionalen Räumen aber eine freie Gruppe von zwei Erzeugenden enthalten. Ersetzt man die Drehungsgruppe durch die affine Gruppe, so gibt es schon in der Ebene kein allgemeines Maß. Verf. weist ferner auf eine paradoxe Eigenschaft des \textit{Banach}schen Maßes auf der Geraden hin: durch ein sinngemäßes Verfahren, zwei Mengen miteinander zu vergleichen (``zerlegungskleiner''), kommt man zu dem Resultat, daß das \textit{Banach}sche Maß bei einer alle Entfernungen vergrößernden Abbildung abnimmt. Auf der Geraden gibt es bekanntlich \(2^\aleph\) in \textit{Lebesgue}schem Sinne meßbare und ebensoviele nicht meßbare Mengen. Wenn man nun zwei Mengen zur gleichen Klasse zählt, wenn ihr Unterschied eine Nullmenge ist, so erhält man eine Klasseneinteilung, die den üblichen Bedingungen einer Äquivalenzbeziehung genügt. Jede Klasse besteht nur aus meßbaren oder nur aus unmeßbaren Mengen. Es erweist sich, daß unter den \(2^\aleph\) Klassen nur \(\aleph\) meßbare Klassen vorhanden sind. Die größere Mächtigkeit der meßbaren Mengen ist nur den Nullmengen zuzuschreiben. Es gelingt dem Verf., kontinuierlich viele paarweise fremde Mengen auf der Geraden anzugeben, von denen keine eine Nullmenge ist (vgl. \textit{W. Sierpiński}, F. d. M. 47, 173).
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