From Kepler's laws to a minute-exact sundial (Q1897199)

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From Kepler's laws to a minute-exact sundial
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    From Kepler's laws to a minute-exact sundial (English)
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    12 November 1995
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    Wirft ein Laie einen Blick auf eine Sonnenuhr, die gerade ``geht'', weil zufällig die Sonne scheint, so spielt sich mit Regelmäßigkeit diese Szene ab: Die Uhrzeit wird mit der Kunstzeit am Handgelenk verglichen. Man stellt enttäuscht eine mehr oder minder große Abweichung fest (wenn man sich nicht zufällig in Görlitz befindet und um den 15./16. Apr., 14./15. Juni, 1./2. Sept. oder 25./26. Dez. diesen riskanten Blick wagt), wendet sich ab und vermutet allenfalls noch, daß Sonnenuhren ihrer Natur nach eine nur ungefähre Einrichtung darstellen, die aus der Zeit stammen, in der man sich mit ungenauen Zeitangaben zufrieden geben konnte. Dabei ist das genaue Gegenteil der Fall: Eine sauber konstruierte oder aufgemalte Sonnenuhr kann über die Zeit an der Stelle, wo sie sich befindet, viel ``richtiger'' Auskunft geben als die Armbanduhr. Ist es nämlich eine Uhr, die die sog. Wahre Ortszeit anzeigt, so zeigt sie -- unabhängig von allen sonstigen Umständen -- genau dann auf \(\smash{\text{\textbf{12}}^{\text{\textbf{00}}}}\) Uhr, wenn die Sonne am Standort der Uhr den Höchststand erreicht, also genau im Süden steht. Lauscht ein interessierter Laie einmal ausnahmsweise den Erläuterungen eines Fachmanns, so sieht er zunächst sehr schnell ein, daß die seit einigen Jahren übliche Einführung der Sommerzeit allen Sonnenuhrbeobachtern ausgerechnet im Sommer, wenn die Sonne besonders häufig scheint, die Suppe versalzt. Etwas nachdenklicher wird er meist dann, wenn er einzusehen beginnt, daß auch ohne Sommerzeit Differenzen auftreten, weil ein weiter westlich oder weiter östlich stehender zweiter Beobachter einer Sonnenuhr zwar am Handgelenk die gleiche Zeit feststellt wie der erste, die Sonne dort aber keineswegs denselben Stand haben kann, die andere Sonnenuhr also notwendig eine andere Zeit anzeigen muß. Zwischen Görlitz und Paris macht das beispielsweise schon fast 51 Zeitminuten aus. Weist man schließlich darauf hin, daß zu allem Übel auch noch die natürlichen Tageslängen, also die Zeiten von Höchststand zu Höchststand ganz im Gegenteil zur gängigen Annahme verschieden sind, weil Erdumlauf und Erdrotation eine Rolle spielen, weil die Keplerschen Gesetze gelten und weil sich zudem die Neigung der Erdachse gegenüber der Ekliptik auswirkt, und daß sich diese Differenzen gar anhäufen, so ist im allgemeinen das Ende des Verständnisses und damit Interesses erreicht. Nicht so beim Fachmann. Ihn reizt es vielmehr, das komplizierte Spiel der beeinflussenden Faktoren in einer Konstruktion oder Darstellung einzufangen, so daß alle Wünsche befriedigt werden. Der Verfasser gibt Gleichungen an, mit denen man eine Horizontal- oder Vertikaluhr herstellen kann, die die Zeitgleichung (das ist die aus den verschiedenen Tageslängen kumulierte Zeitdifferenz zwischen mittlerer und wahrer Ortszeit) und die Längendifferenz berücksichtigt. Ausgangspunkt dafür ist die auf dem 2. Keplerschen Gesetz beruhende Differentialgleichung \[ \dot{\psi } = (1+\kappa \cos\psi)^ 2 (1- \kappa^ 2)^{3/2}, \] in der \(\kappa\) die numerische Exzentrizität der Erdbahn bedeutet und \(\psi\) den Polarwinkel des Erdortes beschreibt. Der Referent ist der Meinung, daß solch kunstvolle Uhren wie die vorgeschlagene als private Einzelstücke für den Fachmann eine sehr befriedigende Einrichtung sind. Für öffentliche Gebäude oder Parkanlagen allerdings, wo Sonnenuhren ständig von Laien nach der Zeit befragt werden, sind sie wegen der komplizierten Ablesung leider kaum verwendbar, obwohl der Mathematiker gerade mit ihnen zeigen könnte, daß er die Sachlage vollständig im Griff hat. Der einleitende Satz der Arbeit ist nach Meinung des Referenten -- gewiß versehentlich -- mißraten. Nicht die Uhren selber basieren auf der falschen Annahme, daß die natürlichen Tage gleiche Länge haben (denn es handelt sich ja zumeist um solche, die einfach die Wahre Ortszeit anzeigen), sondern die zum Scheitern verurteilten Versuche der Betrachter, Übereinstimmung zwischen Armbanduhr und Sonnenuhr festzustellen, basieren auf dieser falschen Annahme.
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