Anschauliche Geometrie. (Q566967)

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Anschauliche Geometrie.
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    Anschauliche Geometrie. (English)
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    1932
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    Wie in jedem Zweig wissenschaftlicher Forschung, so trifft man insbesondere in der Geometrie nebeneinander einerseits den Zug zur Abstraktion, andrerseits den zur Anschaulichkeit. Die räumliche Anschauung ist seit jeher ein hervorragendes Mittel zur Erlangung neuer geometrischer Erkenntnisse; jener bemühte sich stets, die logischen Zusammenhänge zwischen den geometrischen Tatbeständen aufzudecken und systematische Lehrgebäude der einzelnen Gebiete der Geometrie zu errichten. In der Person des erstgenannten Verf. sieht man beide Tendenzen vereinigt. Die abstrakte Betrachtungsweise verdankt ihm ja in seinen berühmten ``Grundlagen der Geometrie'' (7. Aufl. 1930; F. d. M. \(56_{\text{I}}\), 481-482) einen außerordentlich wichtigen Beitrag, und das vorliegende Buch ist aus einer großen Vorlesung entstanden, die er im Wintersemester 1920/21 in Göttingen gehalten hat. Eine von \textit{W. Rosemann} besorgte Ausarbeitung dieser Vorlesung ist von dem zweitgenannten Verf. für die Buchausgabe zurechtgemacht und in Einzelheiten ergänzt worden. ``Wir wollen hier'', so führt \textit{Hilbert} im Vorwort dieses Buches aus, ``die Geometrie in ihrem gegenwärtigen Zustande von der Seite des Anschaulichen aus betrachten. An Hand der Anschauung können wir uns die mannigfachen geometrischen Tatsachen und Fragestellungen nahebringen, und darüber hinaus lassen sich in vielen Fällen auch die Untersuchungs- und Beweismethoden, die zur Erkenntnis der Tatsachen führen, in anschaulicher Form andeuten, ohne daß\ wir auf die Einzelheiten der begrifflichen Theorien und der Rechnung einzugehen brauchen. Z. B. läßt sich der Beweis dafür, daß\^^Meine Kugel mit noch so kleinem Loch stets verbogen werden kann, oder daß\ zwei verschiedenene Ringflächen im allgemeinen nicht konform aufeinander abgebildet werden können, in einer solchen Form behandeln, daß\ auch derjenige einen Einblick in die Durchführbarkeit des Beweises erhält, der die Einzelheiten der analytischen Entwicklung nicht selbst verfolgen will.'' Das Buch birgt eine Fülle von schönen geometrischen Tatsachen und Betrachtungen und wird jedem Leser Anregendes und Neues bieten. Die Behandlungsweise ist fast durchweg ganz elementar gehalten; nur gelegentlich werden höhere Kenntnisse vorausgesetzt. Zahlreiche sehr anschaulich angelegte Zeichnungen unterstützen die Absicht der Verf. Der Inhalt ist in sechs Kapitel gegliedert. Kap. I ``Die einfachsten Kurven und Flächen'' behandelt Kurven und Flächen zweiter Ordnung, nur von der anschaulichen Seite her und ganz ohne Rechnung. Kap. II ``Reguläre Punktsysteme'' ist einem Gegenstande gewidmet, der zahlreiche Anwendungen auf andere Gebiete der Mathematik zuläßt: auf Zahlentheorie, Gruppentheorie, Krystallographie. Den Abschluß\ bildet die Behandlung der regulären Polyeder, auf die die Verf. in Kap. III ``Konfigurationen'' zurückkommen, indem sie nun auch die Verallgemeinerung auf höhere Dimensionen, also die sechs regulären Zellen des vierdimensionalen Raumes und die drei regulären Zellen des \(n\)-dimensionalen Raumes mit \(n\geq 5\), besprechen. Im übrigen enthält Kap. III das Wichtigste aus der Theorie der ebenen Konfigurationen mit Ausführungen über die projektive Geometrie, insbesondere über den \textit{Pascal}schen und den \textit{Desargues}schen Satz, ferner, als Beispiele von räumlichen Konfigurationen, die \textit{Reye}sche Konfiguration und die \textit{Schläfli}sche Doppelsechs. Einen sehr breiten Raum nimmt das Kap. IV über ``Differentialgeometrie'' ein; auch hier kommt die Betrachtung, indem sie das Qualitative wesentlich stärker als das Quantitative betont, fast ganz ohne Rechnung aus. Sehr ausgiebig wird die Kugel untersucht (\S 32: Elf Eigenschaften der Kugel); die letzte dieser Eigenschaften, daß\ nämlich die Kugel eine dreiparametrige Schar von Bewegungen in sich zuläßt, wird verallgemeinert auf die Untersuchung von Verbiegungen einer Fläche in sich und führt dann auf die nichteuklidische Geometrie. Eine Erörterung über die verschiedenen Arten der Flächenabbildung bietet die Gelegenheit, am Schluß\^^Mdieses Kap. auf die konforme Abbildung, auf die geometrische Funktionentheorie und auf Minimalflächen einzugehen. - In Kap. V ``Kinematik'' werden Bewegungen, nachdem sie in Kap. I-IV mehrfach in die Betrachtung einbezogen worden sind, systematisch untersucht: Gelenkmechanismen, Rollkurven, ``Abschrotung'' einer Regelfläche auf einer andern. - Das letzte Kapitel des Buches (VI: ``Topologie'') behandelt zunächst die Topologie der Flächen. Es werden die Normaltypen der Flächen endlichen Zusammenhangs hergeleitet. Besonders eingehend werden die projektive Ebene und ihr Modell, die \textit{Boy}she Fläche, untersucht. Ferner enthält dieses Kap. noch die Fixpunktsätze für die Kreisscheibe und die Kugeloberfläche sowie Bemerkungen zum Farbenproblem. Besprechungen: B. v. Kerékjártó, Acta Szeged 6 (1933), 205-206; A. Emch, Bulletin A. M. S. 39 (1933), 319-320; A. Buhl, Enseignement 31 (1933), 296-297; R. v. Mises, Z. f. angew. Math. 13 (1933), 244-245.
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