Das Zeuthensche Postulat und das Prinzip der Vertauschung zur Begründung der projektiven Geometrie. (Q566975)

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Das Zeuthensche Postulat und das Prinzip der Vertauschung zur Begründung der projektiven Geometrie.
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    Das Zeuthensche Postulat und das Prinzip der Vertauschung zur Begründung der projektiven Geometrie. (English)
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    1932
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    Verf. legt seinen Untersuchengen, die die Begründung der projektiven Geometrie zum Gegenstand haben, die \textit{Hilbert}schen Axiome der Verknüpfung (d. h. in der Bezeichnung der ``Grundlagen der Geometrie'' von \textit{Hilbert} (7. Aufl. 1930; F. d. M. \(56_{\text{I}}\), 481-482) die Axiome I 1-8) zugrunde, ferner drei ``Postulate'' I, II, III (\S 1).I besagt, daß\ je zwei Geraden einer Ebene stets einen Punkt gemein haben; II, daß\ jede Gerade mit jeder Ebene, wenn sie nicht ganz in ihr enthalten ist, genau einen Punkt gemein hat; III, daß\ es Geraden gibt, die keinen Punkt gemeinsam haben. Durch di Postulate II und III will Verf. erreichen, daß\ der betrachtete Raum genau dreidimensional ist. Auf die Frage der Unabhängigkeit dieser Postulate von dem Axiomen I 1-8 will Verf. nicht eingehen. Doch äußert er sich nach Ansicht des Ref. hier mit zu geringer Sorgfalt; z. B. bemerkt er, nachdem er II ausgesprochen hat: ``Wenn wir dies nicht postulieren würden, so gelangten wir notwendig in Räume höherer als dritter Dimension und gerade diese >>höheren Räume<< wollen wir durch das Postulat II abriegeln''. Das ist mißverständlich, denn bekanntlich hat ja das \textit{Hilbert}sche Axiom I 7 die Aufgabe, diese Abriegelung vorzunehmen: Im vierdimensionalen Raum können zwei zweidimensionale Ebenen einen einzigen Punkt gemein haben. In \S 2 behandelt Verf. die Sätze des \textit{Pascal} und \textit{Brianchon} für das unebene Sechsseit. Verf. versteht darunter zwei Tripel paarweise windschiefer Geraden \(s_1, s_2, s_3\); \(g_1, g_2, g_3\), bei denen die neun Schnittpunkte \(s_\varkappa \times g_\lambda \) und folglich auch die neun Ebenen \((g_\varkappa g_\lambda )\) existieren; die drei Schnittlinien je zweier Gegenebenen des Sechsseits schneiden sich dann in drei Geraden, die derselben Ebene, der \textit{Pascal}ebene, angehören, und die drei Diagonalen des Sechsseits, d. h. die Schnittgeraden der Ebenenpaare \((s_1 g_1 ), (s_2 g_2 )\); \((s_2 g_2 ), (s_3 g_3 )\); \((s_3 g_3 ), (s_1 g_1 )\), gehen durch einen Punkt, den \textit{Brianchon}punkt. Verf. beweist diese beiden Aussagen, und zwar die erste aud I 1-8 allein, die zweite unter Zuhilfenahme auch von I und III, und deutet sie dann mit Hilfe von drei Tetraedern (\S 3). In \S 4 beweist Verf. die von \textit{Hessenberg} (1905; F. d. M. 36, 583 (JFM 36.0583.*)-584) ausgesprochene Tatsache, daß\ der \textit{Desargues}sche Satz in der räumlichen Geometrie nach Einführung idealer Elemente aus den Verknüpfungsaxiomen allein bewiesen werden kann, indem er hier den \textit{Desargues}schen Satz aus den Sätzen des \textit{Pascal} und \textit{Brianchon} für das unebene Sechsseit folgert; die Einführung idealer Elemente ist bei ihm ja durch die Postulate I und III vollzogen worden. Alle Betrachtungen haben sich bisher einheitlich an der Konfiguration des unebenen \textit{Pascal}schen Sechsseits abgespielt; ein ebener Ausschnitt daraus liefert in \S 5 den Beweis des \textit{Desargues}schen Satzes und seiner Umkehrung für die ebene Geometrie - also einen Beweis, der nur mit Verknüpfungsaxiomen (und den Postulaten des Verf.), aber auch solchen für die räumliche Geometrie, operiert. \S 6 und \S 7 bringen Anwendungen auf die \textit{Möbius}-konfiguration und auf mehrfach perspektive Dreiecke in der Ebene. (In \S 7 ist Verf. bei einem Zitat ein Irrtum untergelaufen: Die Arbeiten über mehrfach perspektive Dreiecke in Math. Ann. 2 (1870), 549-552 und 553-557 stammen nicht beide von \textit{J. Rosanes}, sondern die erste von \textit{J. Rosanes} und die zweite von \textit{Heinrich Schröter}; für die vorliegende Untersuchung ist die rein geometrisch vorgehende \textit{Schröter}sche Arbeit wichtiger als die rechnerische von \textit{Rosanes}.) In \S 8 behandelt Verf. die Nebenecken (Diagonalpunkte) eines vollständigen Vierseits. Daß\ die drei Nebenecken nicht in einer Geraden liegen, läßt sich nicht mit Verknüpfungsaussagen der ebenen Geometrie allain, sondern nur unter Zuhilfenahme von Axiomen der Anordnung beweisen (vgl. die Darstellung bei \textit{Heffter} und \textit{Koehler}, Analytische Geometrie Bd. I (1927; F. d. M. 53, 593 (JFM 53.0593.*)-594), nachträglich erschienener Zusatz zu S. 14). Verf. beweist hier mit Verknüpfungsaussagen allein, aber unter Zuhilfenahme des Raumes, daß\ die Nebenecken nicht in einer Geraden liegen. In \S 9 beschäftigt sich Verf. mit dem \textit{Pappus-Pascal}schen Satz, der bekanntlich (vgl. \textit{Hilbert}, Grundlagen der Geometrie, \S 31) auf Grund der Axiome der Verknüpfung, Anordnung und Parallelen allein nicht bewiesen werden kann; er zeigt hier, und zwar auf Grund der Untersuchungen von \S 7, daß\ ein gewisser Sonderfall, den er als ``perspektiven'' \textit{Pappus-Pascal}schen Satz bezeichnet, allein aus dem Axiom der Verknüpfung und den Postulaten I, II, III gefolgert werden kann. Dann geht Verf. (\S 10) zum \textit{Pascal}schen Satz für einen nicht entarteten Kegelschnitt über. Er zeigt, daß\ dieser Satz der ebenen Geometrie eine Folge des \textit{Pascal}schen Satzes für das unebene Sechsseit ist, und betrachtet im Anschluß\ daran einige besondere Lagen der Ebene des Kegelschnitts; dadurch ergibt sich der \textit{Desargues}sche Satz in einfacher Weise als Folge des \textit{Pascal}schen Satzes. Nunmehr kommt Verf. zu den wichtigsten Teilen seiner Arbeit, in \S 11 zu den Vertauschungsprinzipen, in \S 12 zum \textit{Zeuthen}schen Postulat. Er geht davon aus, daß\ gewisse Permutationen der Geraden \(s_1, s_2, s_3 ; g_1, g_2, g_3\) des unebenen \textit{Pascal}schen Sechsseits die \textit{Pascal}sche Ebene des Sechsseits ungeändert lassen. Entsprechend gibt es beim ebenen \textit{Pascal}schen Satz gewisse Vertauschungen der Ecken, die die \textit{Pascal}sche Gerade ungeändert lassen. Es handelt sich debei stets um Permutationen der drei Geraden \(s_1, s_2, s_3\) des ersten Tripels untereinander und der drei Geraden \(g_1, g_2, g_3\) des zweiten Tripels untereinander. Diese Invarianzeigenschaft, die sich aus den Axiomen der Verknüpfung und den Postulaten I, II, III ergibt, formuliert Verf. als ``Vertauschungsprinzip erster Art''. Verf. fragt nun nach der Möglichkeit von ``Vertauschungen zweiter Art''; er versteht darunter eine Vertauschung zweier Geraden verschiedener Tripel, bzw. in der Ebene zweier Ecken verschiedener Tripel, untereinander, durch die die Aussage des \textit{Pascal}schen Satzes nicht gestört wird (die \textit{Pascal}sche Ebene bzw. Gerade bleibt dabei nicht ungeändert). Die Existenz einer solchen Vertauschung zweiter Art läßt sich, wie die weiteren Untersuchungen zeigen, auf Grund der Axiome I 1-8 und der Postulate I, II, III nicht beweisen. Verf. spricht nun ein solches ``Vertauschungsprinzip zweiter Art'' als neues Postulat aus und beweist dann (\S 12) mit Hilfe dieses Postulats und auf Grund von Verknüpfungsaussagen allein das sogenannte \textit{Zeuthen}sche Postulat: Sind zwei Quadrupel von Geraden \(s_\mu, g_\nu \, (\mu, \nu = 1, 2, 3, 4)\) gegeben, so folgt aus der Existenz von fünfzehn Schnittpunkten \(s_\mu \times g_ \nu \) die des sechzehnten. \textit{Hessenberg} hat (a. a. O.) bemerkt, daß\^^Mdieser Satz aus den Axiomen der Verknüpfung allein nicht bewiesen werden kann. Die Stärke des von Verf. postulierten Vertauschungsprinzips zweiter Art wird in \S 13 noch offenkundiger. Verf. beweist dort, daß\ auch der allgemeine \textit{Pappus-Pascal}sche Satz bei Annahme dieses Postulats mit Hilfe von I 1-8 und I, II, III allein bewiesen werden kann. Nachdem Verf. in \S 14 die durch die beiden Geradenquadrupel \(s_\mu, g_\nu, (\mu, \nu = 1, 2, 3, 4)\) gebildete Konfiguration, die er \textit{Pascal}-Tetraeder nennt, näher untersucht hat, bringt er in \S 15 die axiomatischen Betrachtungen über das Postulat der Existenz einer Vertauschung zweiter Art zum Abschluß, er zeigt dort, daß\ der Fundamentalsatz der projektiven Geometrie der Ebene sich unter Zugrundelegung dieses Postulats ebenfalls allein mit I 1-8 und I, II, III, d. h. nur mit Aussagen über ebene und räumliche Verknüpfung, beweisen läßt. In einem Anhang untersucht Verf., wie weit man sein Postulat unter Zuhilfenahme der Axiome der Anordnung beweisen kann; diese Untersuchung wird aber nicht zum Abschluß\ gebracht.
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