Konstruktion dreidimensionaler geschlossener Räume. (Q574238)

From MaRDI portal
scientific article
Language Label Description Also known as
English
Konstruktion dreidimensionaler geschlossener Räume.
scientific article

    Statements

    Konstruktion dreidimensionaler geschlossener Räume. (English)
    0 references
    0 references
    1931
    0 references
    Wenn man ein von einer Fläche \(F_2\) berandetes dreidimensionales Raumstück schließt, indem man die bei einer stetigen involutorischen Abbildung von \(F_2\) auf sich einander entsprechenden Punkte identifiziert, so erhält man dann und nur dann eine geschlossene dreidimensionale Mannigfaltigkeit, wenn -- bei Zugrundelegung einer Zelleneinteilung der \(F_2\), die bei der Abbildung in sich übergeht -- niemals eine Kante \(PQ\) auf \(QP\), niemals eine zweidimensionale Zelle auf sich abgebildet wird und keine isolierten Fixpunkte auftreten. (Andere Prinzipien zur Erzeugung dreidimensionaler Mannigfaltigkeiten hat Verf. in \S\, 1 zusammengestellt.) Aus einem Elementarraumstück (Vollkugel) erhält man auf diese Weise die dreidimensionale Sphäre und den projektiven Raum, und nur diese. Verf. behandelt vollständig den nächst einfachen Fall: Schließung eines Vollringes (Volltorus) durch involutorische Selbstabbildung der Oberfläche. In bezug auf den Vollring ist auf der Ringfläche die Homotopieklasse des Meridiankreises (samt ihren Potenzen) als die der im Vollring zusammenziehbaren Kurven ausgezeichnet. Um diese Vorzugsstellung bei der Aufstellung der involutorischen Selbstabbildungen der Oberfläche noch nicht berücksichtigen zu müssen, wird aus dem Vollring ein andrer Vollring ``ausgebohrt'', so daß ein von zwei Ringflächen berandeter ``Schalenring'' \(\overline{\varSigma}\) (topologisches Produkt einer Ringfläche und einer Strecke) übrig bleibt. Die Aufgabe zerfällt dann in zwei Teile: (1) Alle aus \(\overline{\varSigma}\) durch zulässige involutorische Selbstabbildung der einen Ringflache \(R\) entstehenden Räume \(\varSigma\) aufzustellen (sie werden von der ändern Ringfläche \(R_{\varSigma}\) berandet). (2) Die Räume \(\varSigma\) auf alle möglichen Arten durch Einheften eines Vollringes \(P\) in die freie Randfläche \(R_{\varSigma}\) zu schließen. Bei involutorischer Selbstabbildung zerfällt \(R\) in zwei Kreisringe, die durch die Abbildung miteinander vertauscht werden. Je nachdem ob die Abbildung Fixpunkte längs der gemeinsamen Begrenzung der beiden Kreisringe enthält oder fixpunktfrei ist und die Orientierung umkehrt oder erhält, entstehen drei verschiedene Räume \(\varSigma_1\), \(\varSigma_2\), \(\varSigma_3\). \ \(\varSigma_1\) ist ein Vollring; \(\varSigma_2\) entsteht aus einem Hohlzylinder endlicher Länge, wenn man Grund- und Deckfläche so identifiziert, daß \(\varSigma_2\) orientierbar bleibt und die beiden Mantelflächen sich zu einer einzigen Ringfläche zusammenschließen; \(\varSigma_3\) ist das topologische Produkt aus einem \textit{Möbius}schen Band und einer Kreislinie. Die Art der Einheftung von \(P\) in \(R_{\varSigma}\) ist dadurch bestimmt, daß man nach Festlegung eines kanonischen Schnittsystems \(e, f\) auf \(R_{\varSigma}\) angibt, welche Kurve \(e^p f^q\) von \(R_{\varSigma}\) (mit teilerfremden \(p, q\)) mit dem Meridiankreise der Oberfläche von \(P\) identifiziert wird. Verf. bezeichnet die so entstehenden geschlossenen Mannigfaltigkeiten mit \((\varSigma_i; p, q)\). Natürlich hängt diese Bezeichnung von der Festlegung von \(e\) und \(f\) in bezug auf \(\varSigma_i\) ab (dafür sei auf Fig. 8 der Arbeit verwiesen); infolge gewisser Symmetrieeigenschaften darf man \(p\) und \(q\) als nicht negativ annehmen. Verf. stellt nun zunächst die Fundamentalgruppen der \((\varSigma_1; p, q)\) auf. (Die erforderlichen Hilfsmittel werden in \S\, 2 und 3 der Arbeit zusammengestellt; \S\, 3 enthält insbesondere Aussagen über die Fundamentalgruppe eines Komplexes, der aus zwei Komplexen mit zusammenhängendem Durchschnitt zusammengesetzt ist.) Es ergibt sich: (I) Die Fundamentalgruppe von \((\varSigma_1; p, q)\) ist zyklisch von der Ordnung \(p\) (für \(p = 0\) die freie Gruppe von einer Erzeugenden). (II) Die Fundamentalgruppe von \((\varSigma_2; p, q)\) wird von zwei Erzeugenden \(A, C\) mit den Relationen \[ A^p C^{2q} = ACAC^{-1} = 1 \] erzeugt. Für \(p \neq 0\), \(q \neq 0\) ist sie endlich von der Ordnung \(4pq\), für \(p = 0\), \(q = 1\) freies Produkt von zwei Gruppen der Ordnung 2, für \(p = 1\), \(q = 0\) die freie Gruppe einer Erzeugenden. (III) Die Fundamentalgruppe von \((\varSigma_3; p, q)\) ist bei ungeradem \(p\) die freie Gruppe von einer Erzeugenden, bei geradem \(p\) deren direktes Produkt mit einer Gruppe der Ordnung 2. Es entsteht die Aufgabe, die Räume mit isomorphen Fundamentalgruppen voneinander zu unterscheiden. Von den Räumen mit unendlicher Fundamentalgruppe sind die aus \(\varSigma_3\) entstehenden -- weil nicht orientierbar -- jedenfalls von den ändern verschieden. Unter den \((\varSigma_3; p, q)\) gibt es nur zwei wesentlich verschiedene Typen, je nach der Parität von \(p\); man erhält sie, indem man auf der Oberfläche eines Vollringes Diametralpunkte auf den Meridiankreisen (\(p\) gerade) oder auf den Breitenkreisen (\(p\) ungerade) miteinander identifiziert. \((\varSigma_1; 0, 1)\) und \((\varSigma_2; 1, 0)\) sind homöomorph und können als topologisches Produkt von Kreis und Kugel aufgefaßt werden. \((\varSigma_2; 0, 1)\) entsteht aus einer Hohlkugel durch Diametralpunktidentifikation auf jeder der beiden Kugelschalen. Alle diese Räume können als Diskontinuitätsbereiche von Bewegungsgruppen (mit Fixpunkten) im euklidischen Raum gedeutet werden. Unter den Räumen mit endlicher Fundamentalgruppe haben die Räume \((\varSigma_2; p, q)\) bei verschiedenen \(p, q\) jedenfalls nicht isomorphe Fundamentalgruppen, wie Berechnung des Zentrums und der Faktorgruppe nach dem Zentrum zeigt. Dagegen sind z. B. die Gruppen von \((\varSigma_1; p, q)\) bei festem \(p\) miteinander, ferner die Gruppen \((\varSigma_2; 1, q)\) mit denen von \((\varSigma_1; 4q, k)\) isomorph. Verf. deutet nun die Räume \((\varSigma_1; p, q)\), \(p \neq 0\), und \((\varSigma_2; p, q)\), \(p, q \neq 0\), als Diskontinuitätsbereiche von (fixpunktfreien) Bewegungsgruppen der dreidimensionalen Sphäre und gewinnt damit Anschluß an die von ihm und \textit{Threlfall} gemeinsam durchgeführte ``Topologische Untersuchung der Diskontinuitätsbereiche endlicher Bewegungsgruppen des dreidimensionalen sphärischen Raumes'' (Math. Ann. 104 (1930), 1-70; 107 (1932), 543-586; F. d. M. \(56_{\text{II}}\), 1132-1133; 58; in diesen Arbeiten finden sich manche Ergebnisse der vorliegenden wieder). Die Räume \((\varSigma_1; p, q)\) treten auf als Diskontinuitätsbereiche der zyklischen Bewegungsgruppen der Ordnung \(p\) des sphärischen Raumes, deren Erzeugende die \(z\)-Achse um \(\dfrac{2\pi}{p}\), den Einheitskreis der \((x, y)\)-Ebene um \(\dfrac{2\pi q}{p}\) in sich dreht. Die Diskontinuitätsbereiche sind von zwei Kugelkalotten begrenzte Linsen -- daher werden die \((\varSigma_1; p, q)\) auch als Linsenräume bezeichnet --, deren Randkante in \(p\) miteinander äquivalente Strecken eingeteilt ist, während die beiden Kalotten, um \(\dfrac{2\pi q}{p}\) gegeneinander verschraubt, einander zugeordnet sind. Daraus folgt, daß jedenfalls \((\varSigma_1; p, q)\) und \((\varSigma_1; p, q+kp)\), \(k\) ganz, homöomorph sind; ferner auch \((\varSigma_1; p, q)\) und \((\varSigma_1; p, x)\), wenn \(px + qy = 1\) mit ganzzahligen \(x, y\) (Ähnlichkeitstransformation der Bewegungsgruppe). Jedoch kann Verf. das Homöomorphieproblem für Linsenräume nicht vollständig lösen (das ist \textit{Reidemeister} gelungen: Homotopieringe und Linsenräume, Abhandlungen Hamburg 11 (1935), 102-109; F. d. M. \(61_{\text{II}}\)). Die Räume \((\varSigma_2; p, q)\) sind Diskontinuitätsbereiche von Bewegungsgruppen der Sphäre, bei denen \(z\)-Achse und Einheitskreis der \((x, y)\)-Ebene entweder miteinander vertauscht werden oder einzeln in sich übergehen. Nach der Gestalt des Diskontinuitätsbereiches werden diese Räume als Prismaräume bezeichnet. Bei Bewegungsgruppen der letztgenannten Art treten -- je nach dem Verhalten der Transformationen der Gruppe auf einer in sich transformierten Ringfläche -- Prisma- oder Linsenräume als Diskontinuitätsbereiche auf; insbesondere erweisen sich die \((\varSigma_2; 1, q)\) zugleich als Linsenräume (sie werden daher häufig nicht zu den Prismaräumen gezählt).
    0 references

    Identifiers