Geometrie und Physik. (Q576833)

From MaRDI portal
scientific article
Language Label Description Also known as
English
Geometrie und Physik.
scientific article

    Statements

    Geometrie und Physik. (English)
    0 references
    1931
    0 references
    Durch die allgemeine Relativitätstheorie sind die Kräfte der Gravitation als ein Ausfluß der metrischen Struktur des raumzeitlichen Kontinuums erkannt, ist eine physikalische Wesenheit ``geometrisiert'' worden. Daher wurde seither um der Einheitlichkeit des physikalischen Weltbildes willen versucht, die gesamte Physik zu geometrisieren. Die in dieser Richtung getroffenen Ansätze bilden den eigentlichen Gegenstand des Vortrages, den Verf. im Mai 1930 an der Universität Cambridge gehalten hat, und aus dem der vorliegende Aufsatz hervorgegangen ist. Als nächstes und scheinbar letztes Objekt der Geometrisierung bot sich nach dem Gravitationsfeld das elektromagnetische Feld. Nach dem Vorbild der \textit{G. Mie}schen Theorie konnte man hoffen, die materiellen Elementarteilchen als Energieknoten im gravitoelektromagnetischen Feld zu konstruieren als räumlich eng begrenzte Gebiete, in denen die Feldgrößen zu enorm hohen Werten ansteigen. So lag das Problem, als Verf. die fünfte und bis heute letzte Auflage seines bekannten Buches ``Raum, Zeit, Materie'' (1923; F. d. M. 49, 616 (JFM 49.0616.*)-667) erscheinen ließ. Damals handelte es sich nur um die Vereinheitlichung von elektromagnetischem und Gravitationsfeld. Das versuchte Verf. zunächst durch eine mathematisch bestechende Verallgemeinerung der \textit{Riemann}schen Übertragung im raumzeitlichen Kontinuum: Der Nichtintegrabilität der Vektorübertragung wurde die Nichtintegrabilität der Streckenübertragung hinzugefügt. Der quadratischen Fundamentalform des \textit{Riemann}schen Kontinuums trat eine lineare \[ \sum_p f_pdx_p \] allgemeine Kovarianz der Naturgesetze auf die Substitution \[ h_\alpha^p\to e^\lambda h_\alpha^p, \;f_p\to f_p - \dfrac{\partial\lambda}{\partial x_p} \] erweitert wurde (\(h_\alpha^p\) Komponenten der Grundvektoren, \(\lambda\) willkürliche Ortsfunktion). Es kam nun darauf an, ob die Identifikation der Koeffizienten \(f_p\) mit den elektromagnetischen Potentialen physikalisch haltbar war. \textit{Eddington} protestierte gegen die Eichinvarianz der neuen Theorie und versuchte seither, einen andern Weg einzuschlagen und alle physikalischen Größen aus dem affinen Zusammenhang des raumzeitlichen Kontinuums allein zu gewinnen. Verwendet man die \textit{Einstein}schen kosmologischen Gravitationsgleichungen derart, daß die aus den affinen Zusammenhangskomponenten zu berechnende Krümmung proportional zu den das metrische Feld beschreibenden Größen wird, so wird der Krümmungstensor zwangsläufig zum Fundamentaltensor. Als anschließend \textit{Einstein} versuchte, die \textit{Eddington}sche affine Feldtheorie durch universelle Wirkungsprinzipien derart auszubauen, daß den physikalischen Erfahrungen entsprochen wird, ergaben sich erheblich mehr zum Aufbau der Theorie geeignete Integralinvarianten (universelle Wirkungsprinzipien), als in der von Verf. konstruierten halbmetrischen Theorie. Allen diesen Theorien, darunter noch denjenigen von \textit{T. Kaluza} und \textit{O. Klein} in fünfdimensionaler Ausgestaltung, aber ebenso auch den einheitlichen Theorien von Gravitation und Elektrizität, die \textit{Einstein} und \textit{W. Mayer} auf Grund einer Geometrie mit Fernparallelismus und Torsion entwickelt haben, wurde mit der gewaltigen Entwicklung der Quantentheorie der physikalische Boden entzogen. Neue physikalische Realitäten wurden entdeckt und verschoben die ganze Situation. Die Quantentheorie hat den elektromagnetischen Wellen die Materiewellen hinzugefügt, dargestellt durch die \textit{Schrödinger}sche Wellenfunktion \(\psi\). Im Rahmen der Feldphysik liegen jetzt dreierlei Felder: Materiefeld, elektromagnetisches Feld, Gravitationsfeld: Drei Dinge sind jetzt zu vereinheitlichen, wobei aus den in den Spektren sich dokumentierenden Transformationseigenschaften der Größe \(\psi\) die unumstößliche Gewißheit hervorgeht, daß sich das Materiefeld nicht auf Gravitation und Elektromagnetismus zurückführen läßt. Übersetzt man im Sinne der \textit{Schrödinger}schen Theorie die klassischen Bewegungsgesetze in die der Quantenmechanik, so ist beim Übergang vom freien Elektron zu dem in einem gegebenen elektromagnetischen Feld sich bewegenden Elektron der auf \(\psi\) wirkende Operator \(\dfrac{\partial}{\partial x_p}\) durch \(\dfrac{\partial}{\partial x_p} + \dfrac{ie}{2\pi h}\varphi_p\) zu ersetzen (\(\varphi_p\) elektromagnetische Potentiale, \(e\) Ladung des Elektrons, \(h\) Wirkungsquantum). Das gleiche Prinzip hat \textit{Dirac} erfolgreich bei der Aufstellung der Bewegungsgleichungen des Kreiselelektrons mit seinen beiden \(\psi\)-Komponenten verwendet. Man hat jetzt nur \[ \dfrac{e}{2\pi h}\varphi_p = f_p \] zu setzen, um in formaler Hinsicht wiederum zu dem von Verf. in ganz anderm Rahmen gewonnenen Prinzip der Eichinvarianz zurückzukommen: Das Bewegungsgesetz des Elektrons ist invariant gegenüber der Substitution \[ \psi\to e^{i\lambda}\psi, \;f_p\to f_p \dfrac{\partial\lambda}{\partial x_p}. \] Dies neue Prinzip der Eichinvarianz zeigt gegenüber dem alten folgende sachlich wichtige Unterschiede : (1) Es stammt aus der Erfahrung und faßt einen gewaltigen, aus der Spektroskopie entsprungenen Erfahrungsschatz zusammen; (2) der Eichfaktor \(e^{i\lambda}\) tritt nicht an die metrischen Größen \(h_\alpha^p\) heran, sondern an die materiellen Größen \(\psi\); (3) der Exponent ist nicht reell, sondern rein imaginär; (4) die natürliche Einheit, in der die elektromagnetischen Potentiale \(f_p\) zu messen sind, ist nicht eine unbekannte kosmologische, sondern eine bekannte atomistische Größe \(\dfrac{e}{2\pi h}\). Indessen liegt in der neuen Theorie ein gewisser Verzicht auf weitere Geometrisierungstendenzen: Die Elektrizität wird mit der Materie und nicht mit der Gravitation verbunden. Man kann nach Verf. im Gegensatz zur Meinung von \textit{Fock} bei diesem Stand der Theorie noch nicht von einer Geometrisierung der \textit{Dirac}schen Theorie sprechen: Die Geometrisierung des Materiefeldes steht noch aus. (V 6 C, VII 3.)
    0 references
    0 references

    Identifiers