Enzyklopädie der elementaren Geometrie. (Q1498074)
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Language | Label | Description | Also known as |
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English | Enzyklopädie der elementaren Geometrie. |
scientific article |
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Enzyklopädie der elementaren Geometrie. (English)
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1905
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Das Buch bildet den zweiten Band der ``Enzyklopädie der Elementarmathematik. Ein Handbuch für Lehrer und Studierende'' von \textit{H. Weber} und \textit{J. Wellstein} (vgl. F. d. M. \textit{34}, 95, 1903, JFM 34.0095.03), mit dem Nebentitel ''Elemente der Geometrie''. Die erste Abteilung des neuen Bandes über die Grundlagen der Geometrie ist von Wellstein verfaßt. In der zweiten Abteilung, welche die Trigonometrie erledigt, ist die ebene Trigonometrie und die Polygonometrie von Weber geschrieben, die sphärische Trigonometrie von \textit{Jacobsthal}. Die dritte Abteilung, welche die analytische Geometrie und die Stereometrie enthält, hat Weber zum Verfasser; nur die analytische Sphärik in \S \ 83 rührt von \textit{Jacobsthal} her. Noch weniger als beim ersten Bande entspricht bei dem zweiten der Inhalt dem Titel einer Enzyklopädie der elementaren Geometrie. Die ``zahllosen Sätze und Sätzchen der Elementargeometrie über Dreieck und Kreis, Tetraeder und Kugel'' werden in der Vorrede etwas geringschätzig beiseite geschoben. ``Unter Ausscheidung alles zurzeit noch Isolierten und darum Unfruchtbaren sollte nur das geboten werden, was in den Anwendungen auf Mechanik und Physik sich als nützlich erweist und auch in der höheren Mathematik fortlebt. In diesem engeren Bereiche wurde in erster Linie Vertiefung und Belebung der Gegenstände angestrebt, Vertiefung durch ausführliche kritische Behandlung nach der logischen und erkenntnistheoretischen Seite, Belebung durch Anwendungen, die für einen dritten Band vorbehalten sind.'' Da hiernach der dritte Band Anwendungen bringen soll, darf man hoffen, daß\ dort noch manches Platz finden wird, was der Käufer des Werks nach dem Titel desselben in dem gegenwärtigen Bande vergeblich sucht. Die beiden Leiter des Unternehmens, \textit{Weber} und \textit{Wellstein}, haben als Universitätslehrer den Stoff unter dem Gesichtspunkte behandelt, daß\ sie dem zukünftigen und dem schon im Amte befindlichen Oberlehrer den Stand der wissenschaftlichen Forschung über elementargeometrische Fragen in der Gegenwart haben darsellen wollen. Ob das Werk ebenso ausgefallen wäre, wenn die beiden Autoren selbst einige Jahre den Unterricht in der elementaren Geometrie in Gymnasien erteilt hätten, möchte Ref. bezweifeln. Um nur einen Punkt zu erwähnen: die ganze neuere Dreiecksgeometrie wird auf noch nicht zwei Seiten durch Behandlung der \textit{Brocard}schen Punkte nur eben leicht gestreift. Mag man über den Wert dieser jüngsten Tochter der Elementargeometrie urteilen, wie man will; wegen der vielen Arbeiten aus den letzten Dezennien mußte wohl etwas mehr geschehen als ein Verweis auf \textit{Pascal}s Repertorium. Nach dieser unumwundenen Äußerung der Bedenken, die sich auf den Mangel an Übereinstimmung zwischen Titel und Inhalt beziehen, möge nun aber auch gleich die Anerkennung folgen, daß\ Werk nicht bloß\ den Mathematiker auf das lebhafteste interessieren wird, sondern überhaupt jeden Menschen, der etwas aus der Erkenntnislehre erfahren will, und zwar hier an dem einfachsten Beispiele, dem der Geometrie. Von den 563 Textseiten werden nämlich die ersten 301, also über die Hälfte, durch das erste ``Buch'' über die Grundlagen der Geometrie ausgefüllt; von diesen entfallen nur die Seiten 220 bis 301 auf die eingetliche Planimetrie. Die nichteuklidische Geometrie, denen die ersten 220 Seiten des Buches gewidmet sind, ist ja in dem letzten Jahrzehnt ein besonders eifrig gepflegtes Arbeitsgebiet geworden. Diese wissenschaftliche Bewegung hat offenbar das erste, von \textit{Wellstein} verfaßte Buch beeinflußt, und es ist eine Darstellung entstanden, die nichts weniger als enzyklopädisch ist, sondern in origineller Weise alle Seiten des Gegenstandes widerspiegelt und dadurch ein vollständiges Bild von ihm gibt. In Einzelheiten kann man natürlich anderer Meinung sein als der Verfasser, wie unter anderem \textit{Weber} seine in bezug auf \textit{Kants} Raumlehre abweichende Ansicht durch einen ``Nachtrag zu den Grundlagen der Geometrie'', S. 581-591, zum Austrag gebracht hat. Die ganze Schreibweise ist jedoch so natürlich und frisch, daß\ die philosophische Vertiefung, auf die dieser Abschnitt berechnet ist, gewiß\ bei allen Lesern erreicht wird, die den Stoff selbsttätig durchdenken. Der alte Grundsatz von \textit{Descartes}: de omnibus dubitare, wird mit Erfolg auf die Prinzipien der Geometrie angewandt, die man so lange als von jedem Zweifel unangefochten, als das Gewisseste im menschlichen Geiste betrachtet hatte. Gerade wie in diesem ersten Buche die prinzipiellen Seiten der Geometrie so beleuchtet sind, wie sie gegenwärtig den sich um sie bemühenden Forschern erscheinen, so hat \textit{Jacobsthal} in der sphärischen Trigonometrie, die den verhältnismäßig großen Raum von 100 Seiten einnimmt, außer der älteren \textit{Möbius}schen Auffassung die Grundgedanken der \textit{Study}schen Abhandlung aus dem Jahre 1893 über die sphärische Trigonometrie auseinandergesetzt und ist damit etwas aus dem Rahmen der Elementargeometrie herausgetreten. Obgleich diese Bereicherung des Inhaltes an sich wertvoll ist, darf man wohl fragen, ob nicht andere, unberücksichtigt gebliebene Teile der Elementarmathematik nötiger gewesen wären. Hinsichtlich der von \textit{Weber} verfaßten Abschnitte der ebenen Trigonometrie und der analytischen Geometrie sowie der Stereometrie ist aus dem Grunde weniger zu bemerken, weil sie mehr in den üblichen Grenzen gehalten sind. Die Aufnahme der analytischen Geometrie der Ebene und des Raumes in die Enzyklopädie der Elementarmathematik wird in der Vorrede damit begründet, daß\ die Kegelschnittslehre, ``dieses schönste und höchste Gebiet der Elementargeometrie, von den verschiedensten Seiten her in Angriff zu nehmen'' sei. Die Grenzen, bis zu denen vorgegangen ist, sind etwa auf unseren Oberrealschulen erreichbar, während man in Frankreich in den ``Classes de Mathématiques spéciales'' viel weiter geht. ``Eine zusammenhängende Darstellung der Kegelschnittslehre würde über den Rahmen unseres Werkes hinausgegangen sein.'' Um mißverständlichen Auffassungen vorzubeugen, soll am Schlusse ausdrücklich erklärt werden, daß\ Ref. es für sehr wünschenswert, ja dringlich erachtet, daß\ alle Lehrer der Elementargeometrie sich mit den prizipiellen Erörterungen dieses Bandes der Enzyklopädie bekannt machen. Natürlich ist damit durchaus nicht gemeint, daß\ diese Erörterungen zum Gegenstande des Schulunterrichts gemacht werden sollen.
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